Die Immobilie in der Erbschaftsteuer Teil 2

Steuervorteile für selbstnutzende Eigentümer

Die praktisch wohl wichtigste Steuerbefreiung für selbstnutzende Eigentümer bei der Erbschaftsteuer ist das sogenannte Familienheim.

Mit steigenden Immobilienpreisen und der damit einhergehenden immer höheren steuerlichen Bewertung reichen immer öfter die zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und Kindern geltenden steuerlichen Freibeträge für eine steuerfreie Übertragung der Immobilie nicht mehr aus. Als Familienheim kann die Immobilie aber grundsätzlich sowohl an den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner und an Kinder erbschaftsteuerfrei übergehen. Dabei gilt es jedoch, einiges zu beachten.

Welche Immobilien können ein Familienheim sein?

Das Eigentum oder das Miteigentum an einem Ein- oder Zweifamilienhaus, Wohnungs- oder Teileigentum, aber auch Mietwohn-, Geschäfts- oder gemischt genutzte Grundstücke können – gegebenenfalls anteilig – als Familienheim steuerfrei vererbt werden. Ein bloßer Eigentumsverschaffungsanspruch, gesichert durch eine Auflassungsvormerkung, reicht nicht. Das heißt: Die Immobilie muss bereits im Grundbuch eingetragen sein. Deshalb konnte in einem Fall, den der Bundesfinanzhof 2017 entschieden hat (II R 14/16), eine von einem Bauträgerunternehmen noch zu errichtende Eigentumswohnung nicht steuerfrei auf die Erben übergehen. Das Problem: Zum Zeitpunkt des Erbfalls war zwar eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Erblasserin eingetragen; die Grundbucheintragung der Erblasserin als Eigentümerin im Grundbuch war aber noch nicht erfolgt.

Ein Zweitwohnsitz oder eine Ferienwohnung können kein steuerbefreites Familienheim sein. Soll an Kinder steuerfrei übertragen werden, gilt außerdem eine Beschränkung der Wohnfläche: Mehr als 200 Quadratmeter darf das Familienheim nicht groß sein.
Wann ist das Familienheim selbstbewohnt?

Wurde oder wird ein Teil der Immobilie entgeltlich vermietet, muss eine entsprechende steuerliche Aufteilung der Immobilie nach Wohn-/Nutzfläche und den verschiedenen Nutzungsarten erfolgen.

Der Erblasser muss in der Immobilie bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert gewesen sein. Solche zwingenden Gründe haben Gerichte zum Beispiel bejaht, wenn sich der Erblasser vor dem Tod längere Zeit in einem Krankenhaus oder einem Sanatorium aufgehalten hat. Die Entscheidung des Erblassers zum Auszug muss unfreiwillig verursacht gewesen sein. Es darf sich nicht um einen gewollten endgültigen Auszug gehandelt haben. Der Erblasser muss deswegen ausgezogen sein, weil er objektiv zur selbständigen Haushaltsführung nicht in der Lage war.

Wichtig für die Kinder: Keine Zeit verlieren beim Einzug

Kinder können die Immobilie der Eltern nur dann erbschaftsteuerfrei als Familienheim erben, wenn sie sie unverzüglich beziehen. Als Faustregel für den noch steuerbefreiten Erwerb gilt ein Einzug in das Familienheim innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall.

Danach wird es in der Regel schwierig, denn unverzüglich bedeutet: ohne schuldhaftes Zögern. Das heißt konkret: Erfolgt der Einzug erst später, muss der erbende Nachkomme dem Finanzamt regelmäßig nachweisen, dass und warum ihm ein früherer Einzug nicht möglich war. Gründe können beispielsweise Streitigkeiten der Erbengemeinschaft oder nicht vom Erben verschuldete Verzögerungen bei der Renovierung sein. Das Finanzamt ist hier streng und diese Linie wurde in den letzten Jahren durch das oberste Finanzgericht, den Bundesfinanzhof, auch mehrfach bestätigt.

Zwei Beispiele aus der Praxis

Ein Erbe war mit seinem Bruder im Januar 2014 Miterbe geworden. Die Immobilie aus dem Nachlass sollte ihm als Vermächtnis zufallen. Der Bruder stand unter gerichtlicher Betreuung. Dadurch konnte der Erbe erst im September 2015 im Grundbuch eingetragen werden. Weil der Erbe dann aber nach der Grundbucheintragung im September 2015 erst im April 2016 Kostenvoranschläge für die Renovierung einholte und die Bauarbeiten erst im Juni 2016 anfingen, konnte er nicht mehr steuerfrei ins Familienheim einziehen.
Die Erblasserin verstarb im Juli 2016. Die Tochter wollte in die von der Mutter bis zu deren Tod bewohnte Wohnung einziehen. Erst Ende 2017 wurde eine neue Küche eingebaut. Anfang 2018 zog die Tochter ein. Das Finanzamt und in der Folge auch das Finanzgericht sahen diesen Einzug 18 Monate nach dem Erbfall als nicht mehr unverzüglich im Sinne des Gesetzes an und verweigerten die Steuerbefreiung. Das verzögerte Ausräumen und Renovieren liege im Einflussbereich der Erbin. Diese hatte sich zunächst von Privatpersonen helfen lassen, die nur am Wochenende Zeit hatten. Gelohnt hat sich diese Ersparnis nicht, denn die Erbschaftsteuer war um ein Vielfaches höher.

Die wichtigsten Punkte auf einen Blick

  • Ein Familienheim muss als Eigentum im Grundbuch eingetragen sein.
  • Die Wohnfläche darf bei steuerfreier Übergabe an Kinder 200 Quadratmeter nicht überschreiten.
  • Der Erblasser muss die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben.
  • Die Erben müssen unverzüglich nach dem Erbfall einziehen.

Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik Haus & Grund Deutschland

Suchcode: 2112-01rs

Die Immobilie in der Erbschaftsteuer