Wohnungseigentümer tragen im Versicherungsfall Selbstbehalt gemeinschaftlich

Versicherungen sind häufig mit Selbstbehalten ausgestattet. Das heißt, dass in einem Schadensfall eine bestimmte Summe vom Versicherungsnehmer selbst getragen werden muss, bevor die Versicherung einspringt. Was bei Einzelpersonen höchstens ärgerlich und teuer ist, kann in einer Wohnungseigentümergemeinschaft äußerst kompliziert werden.

Deswegen hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) darüber entschieden, wer bei einer Gebäudeversicherung mit Selbstbehalt diesen zu zahlen hat (V ZR 69/21): die Gemeinschaft – und nicht etwa nur der geschädigte Eigentümer.

Gebäudeversicherung deckt häufig Schäden im Gemeinschafts- und Sondereigentum ab

Im entschiedenen Fall hatte ein Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) einen Leitungswasserschaden in seiner Sondereigentumseinheit erlitten. Die Gemeinschaft unterhält eine für diese Schäden eintretende Gebäudeversicherung, die nicht zwischen Schäden im Sonder- und Gemeinschaftseigentum unterscheidet. Bislang handhabte die Gemeinschaft die Schadensbegleichung so, dass die Reparaturkosten abzüglich der Versicherungsleistung anteilig auf alle Eigentümer umgelegt wurde, selbst wenn der Schaden nur im Sondereigentum eingetreten war. Nun verlangte eine Miteigentümerin, dass abweichend von der bisherigen Praxis nur noch diejenigen am Selbstbehalt beteiligt werden, in deren Sphäre der Schaden eingetreten ist.

Selbstbehalt kann wie Versicherungsprämie auf alle Eigentümer verteilt werden


Die BGH-Richter sahen es genauso wie die Amts- und Landgerichtsrichter: Den Selbstbehalt zahlt die Gemeinschaft, nicht der einzelne Eigentümer; die WEG darf dies so handhaben.

Ein im Versicherungsvertrag vereinbarter Selbstbehalt ist genau wie eine Versicherungsprämie nach dem anwendbaren Verteilungsschlüssel zu verteilen. Es würde der Interessenlage der Wohnungseigentümer bei Abschluss eines solchen Versicherungsvertrages nicht gerecht werden, wenn der geschädigte Sondereigentümer den Selbstbehalt allein tragen müsste. Eine solche Vereinbarung ist nämlich regelmäßig auch mit einem verringerten Beitrag verbunden, der ebenfalls allen Eigentümern zugutekommt.

Beschlussersetzung für die Zukunft nur bei unbilligem Nachteil


Auch eine zukünftige Änderung im Rahmen eines gerichtlich ersetzten Beschlusses kommt nach Ansicht der Richter lediglich dann in Betracht, wenn es durch die gemeinschaftliche Verpflichtung zu einer unbilligen Benachteiligung der Klägerin käme. Dafür müssten jedoch die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden. In diesem Fall untersucht das nun erneut das Berufungsgericht.

Julia Wagner, Leiterin Zivilrecht Haus & Grund Deutschland

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