Wohnungsbauziel übersteigt Bedarf

Bleibt der Bedarf an neuen Wohnungen und Häusern auch in den nächsten Jahren in Deutschland hoch? Das Wohnungsbauziel der neuen Bundesregierung von 400.000 Wohnungen jährlich, also 1,6 Millionen Wohnungen in der Legislaturperiode, lässt dies vermuten. Die Wohnungsmarktforscher des IW Köln kommen in ihrem aktualisierten Wohnungsbedarfsmodell zu differenzierten Bedarfen.

So bleibt der Wohnungsbedarf zwar in den nächsten Jahren hoch. Doch ist der zukünftige Wohnungsbedarf aufgrund der demografischen Entwicklung leicht rückläufig. Vor allem in den Großstädten muss die Bautätigkeit weiter erhöht werden, um die dortigen Wohnungsbedarfe zu befriedigen, so die IW-Forscher.

400.000 Wohnungen führen zu Überkapazitäten
Mit 308.000 jährlich neu benötigten Wohnungen bleibt der gesamtdeutsche Wohnungsbedarf in den nächsten fünf Jahren auf einem hohen Niveau. So ist das Ziel der neuen Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, zu hoch angesetzt. Das IW Köln warnt vor der Gefahr, dass mittel- bis langfristig Überkapazitäten auf den Wohnungsmärkten entstehen könnten.

Wachstumsdruck in Ballungszentren
Der deutschlandweite Wohnungsbedarf setzt sich aus äußerst unterschiedlichen regionalen Bedarfswerten zusammen. Während einige Städte und Gemeinden stark an Bevölkerung gewinnen, schrumpfen andere Landesteile. Die IW-Analyse zeigt, dass sich der Wachstumsdruck auch weiterhin auf die Ballungszentren konzentrieren wird. Neu ist, dass sich dieser Wachstumsdruck nun aber zunehmend in das Umland und in entferntere Standorte ausweiten wird.

Die IW-Forscher konstatierten, dass die meisten Großstädte sich auch zukünftig mit der großen Herausforderung konfrontiert sehen, den durch den Zuzug neuer Einwohner weiterhin hohen Wohnungsbedarf mit neuem zusätzlichem Wohnraum zu begegnen. Im Vordergrund stehe die Aktivierung von bestehenden Wohnungsbaupotenzialen in Kombination mit ergänzenden Neubauprojekten in gut angebundenen und integrierten Standorten.

Wider dem Donut-Effekt
In Regionen mit rückläufiger Bevölkerung gilt weiterhin, das Hauptaugenmerk auf den Erhalt der Wohnungsbestände zu richten, so die IW-Forscher. Wohnungsneubau auf neu ausgewiesenen Standorten führe dort zu sinkenden Siedlungsdichten und damit auch zu einer geringeren Auslastung der öffentlichen anschluss- und verkehrstechnischen Infrastrukturen. Dies gehe zwangsläufig mit steigenden Belastungen in Form von Beiträgen und Steuern für die dort lebende Bevölkerung einher. Negative Folgen resultieren zudem aus dem Verlust an Freiflächen (Landwirtschaft, Wald) und der Zersiedlung der Landschaft. Gleichzeitig unterbleiben Investitionen in die zentralen Lagen der Städte und Dörfer. Hinzu kommt, dass dieses als Donut-Effekt bekannte Phänomen den sozialen Zusammenhalt und die Chancen für lebendige Stadt- und Ortskerne mindert. In den hiervon betroffenen Landesteilen muss weiterhin der Grundsatz „Umbau vor Neubau“ gelten, fordern die IW-Forscher.

Was ist der Donut-Effekt?
Wenn in der Ortsmitte Leerstand herrscht und sich die Menschen in die Wohngebiete zurückziehen, dann nennt man das einen Donut-Effekt – ein Phänomen, von dem Dörfer oft betroffen sind. Anders als beim Berliner, auch Krapfen oder Pfannkuchen genannt, ist bei einem Donut eben die Mitte leer und der Rand gut gefüllt.

Matthias zu Eicken, Referent Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik Haus & Grund Deutschland

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