Die Kläger sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE). Sie begehrten den Bau eines Personenaufzugs auf eigene Kosten, um den Zugang behindertengerecht zu gestalten. Die Kläger selbst waren nicht körperlich eingeschränkt. In der Eigentümerversammlung wurde ihr Antrag abgelehnt; dagegen klagen die betroffenen Eigentümer. Mit Erfolg, denn die Richter des Bundesgerichtshofes entschieden im Sinne der Kläger.
Anspruch auf Durchführung privilegierter Maßnahmen
Seit der Reform 2020 stehe jedem Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Beschlussfassung zur Durchführung der in § 20 Absatz 2 WEG benannten Maßnahmen zu, so die Bundesrichter. Unstreitig sei, dass ein Personenaufzug einen barrierefreien Umbau darstelle. Um diesen Anspruch durchzusetzen, müsse der Anspruchsteller selbst auch nicht darauf angewiesen sein. Das Gesetz trage mit der Privilegierung bestimmter Maßnahmen einem gesamtgesellschaftlichen Bedürfnis Rechnung und diene nicht nur dem besonderen Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers.
Bautypische Nachteile sind nicht unangemessen
Der Einbau eines Personenaufzugs sei auch angemessen. Diese Angemessenheit sei immer zu prüfen und einer der wenigen Gründe, weswegen eine privilegierte Maßnahme nicht beschlossen werden müsse. Das Kriterium der Angemessenheit diene dabei dazu, im konkreten Einzelfall objektiv unangemessene Forderungen eines Wohnungseigentümers zurückweisen zu können. Das Gericht legte in seinem Urteil nunmehr fest, dass privilegierte bauliche Veränderungen regelmäßig angemessen seien. Die Angemessenheit sei nur ausnahmsweise zu verneinen. Dafür müsse sie bei allen betroffenen Wohnungseigentümern zu außerverhältnismäßigen Nachteilen führen. Nachteile, die typischerweise durch die privilegierte bauliche Veränderung eintreten, sollen regelmäßig nicht deren Unangemessenheit begründen. Vielmehr solle die Versagung wegen Unangemessenheit nur bei atypischen Ausnahmefällen in Betracht kommen.
Fazit
Dieses Urteil bestätigt den Gesetzestext und die dazu veröffentlichte Gesetzesbegründung. Vor der Systematik des Gesetzes ist es richtig, dass privilegierte Maßnahmen nur im Einzelfall abgelehnt werden können. Erweiterte man den Ermessensspielraum der Gemeinschaft, liefe die Norm ins Leere.