Wohneigentum: Hotel Mama erhöht die Eigentumsquote

Deutschland als Schlusslicht bei der Eigentumsquote? So wird es gerne moniert, wenn Europas größte Volkswirtschaft im europäischen Vergleich scheinbar mal wieder schlecht abschneidet. Neue Erkenntnisse rücken Deutschlands vermeintlich niedrige Wohneigentumsquote jedoch in ein neues Licht.

Die weit verbreitete Annahme, dass Deutschland im europäischen Vergleich eine geringe Wohneigentumsquote vorzuweisen habe, wird durch eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung hinterfragt. Demnach verschwindet der statistische Unterschied, wenn das längere Wohnen im Elternhaus berücksichtigt wird. Dafür haben die Forscher die Erhebungen, die in der Regel auf der Frage nach der Wohnform in einem Mietverhältnis oder im Eigentum beruhen, um die Antwortoption „Hotel Mama“ erweitert. Sie gilt für diejenigen, die weder mieten noch im Eigentum leben, sondern weiterhin im elterlichen Haushalt wohnen.

Die Rolle des „Hotel Mama“

Die Forscher des Leibniz-Instituts verglichen die Eigentumsquoten zwischen Italien und Deutschland, denn hier zeigen sich besonders deutliche Unterschiede. Während nur 43 Prozent der deutschen Haushalte über Eigentum verfügen, sind es in Italien ganze 68 Prozent. Diese Differenz schwindet jedoch, wenn man die junge Generation betrachtet, die länger im elterlichen Heim wohnen bleibt. Dieses Modell ist vor allem in Italien verbreitet, wo 61 Prozent der 17- bis 40-Jährigen noch bei den Eltern wohnen. In Deutschland sind es dagegen nur 27 Prozent. Diese Diskrepanz wirkt sich unmittelbar auf die Wohneigentumsquote aus. Denn junge Menschen in Italien ziehen zwar im Vergleich zu ihren deutschen Altersgenossen später aus, dafür aber oft direkt in eine eigene Immobilie.

Deutsche Wohneigentumsquote – ein statistisches Phänomen

Die Studie zeigt, dass der Unterschied in der Wohneigentumsquote nicht auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, sondern auf statistische Verzerrungen infolge von Einkommensunterschieden zurückzuführen ist. Wenn junge Deutsche ausziehen, mieten sie zunächst oft eine Wohnung, weil sie es sich durch höhere Einstiegsgehälter leisten können. In diesem Moment entstehen zwei Haushalte, der elterliche Haushalt und der junge Mieterhaushalt. Ziehen junge Italiener hingegen vom elterlichen Heim direkt ins Eigentum, entfällt diese Mietphase – und das sei statistisch entscheidend, so die Autoren der Studie. In Italien sind die Einstiegsgehälter deutlich niedriger als in Deutschland, was die Forscher als Grund für den dortigen späteren Auszug aus dem Hotel Mama ansehen.

Die Studie beleuchtet auch Faktoren wie die Wohnungspolitik und kommt zu dem Ergebnis, dass der deutsche Mietmarkt im Vergleich zu Italien stabiler ist. Zudem bietet er für viele Bedürfnisse passende Angebote sowie höheren Mieterschutz. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass unter ähnlichen Bedingungen wie in Italien mehr junge Deutsche länger im Elternhaus bleiben würden. Dies führe auch zu einer höheren Eigentumsquote an Wohnungen in Deutschland.

Fazit

Die Studie wirft ein neues Licht auf die Diskussion um die Wohneigentumsquote in Deutschland: Unser starker Mietwohnungsmarkt erleichtert es jungen Menschen, frühzeitig eine eigene Wohnung zu beziehen und sich von ihren Eltern unabhängig zu machen. Das ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag des Mietwohnungsmarktes zur Flexibilität und Mobilität in unserer Volkswirtschaft. Dass die vermeintlich niedrige Eigentumsquote eher ein statistisches Phänomen ist, sollte uns aber nicht davon abhalten, hierzulande für bessere Bedingungen bei der Eigentumsbildung zu streiten.

Matthias zu Eicken, Leiter Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik Haus & Grund Deutschland

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