Wer darf zur Eigentümerversammlung einberufen?

Normalerweise lädt der Verwalter mindestens einmal jährlich zur Eigentümerversammlung ein. Das gehört zu seinen originären Aufgaben. Gibt es keinen Verwalter, kann dies auch der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder ein durch Beschluss ermächtigter Wohnungseigentümer tun. So sieht es zumindest das Wohnungseigentumsgesetz (§ 24 WEG) vor. Was jedoch passiert, wenn es weder einen Verwaltungsbeirat noch einen per Beschluss ermächtigten Eigentümer gibt, damit hat sich das Landgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 12. September 2022 (11 T 17/22) befasst.

Zwar handelt es sich in dem Fall vordergründig um einen Streit über die Kosten eines Verfahrens. Das Gericht hatte aber innerhalb dieses Streits auch über die Möglichkeit der Einberufung zu entscheiden.

Wohneigentumsgesetz (WEG) sieht Einberufungsberechtigte vor

Es stellte zunächst fest, dass ein einzelner Wohnungseigentümer oder eine Mehrheit von Wohnungseigentümern ohne Ermächtigung nach dem Gesetz – also wenn es keinen Beschluss gibt und wenn auch nichts anderes in der Teilungserklärung vereinbart wurde – kein Recht zur Einberufung einer Eigentümerversammlung habe. Auch stellten die Richter klar, dass das in § 24 Absatz 2 WEG genannte Quorum, mit dem ein Verwalter zur Einberufung verpflichtet werden kann, nicht zur Einberufung durch die Wohnungseigentümer selbst ermächtigt. Wichtig sei auch, dass eine Veränderung der Vorschriften durch „gelebte Praxis“, Rechtsmissbrauch oder gar Gewohnheitsrecht nicht in Betracht komme. Es hilft also nichts, wenn es „schon immer so“ gemacht wurde.

Ohne Verwalter keine Eigentümerversammlung?

Aber was macht eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) in einem Fall ohne Verwalter oder ohne tätig werdenden Verwalter, ohne Beirat und ohne ermächtigten Wohnungseigentümer, wenn auch ein bestimmtes Quorum der Wohnungseigentümer nicht ausreicht?

Die Richter des Landgerichts Karlsruhe klären auf. Denn neben den in § 24 WEG genannten Einberufungsberechtigten können alle Eigentümer gemeinsam eine Eigentümerversammlung einberufen, oder gemeinsam einen oder mehrere Eigentümer dazu ermächtigen. Dies sei jedoch, so das Gericht, eine eher praxisferne Lösungsmöglichkeit. Denn häufig komme es, gerade in größeren GdWE, zu Unstimmigkeiten, sodass ein gemeinsames Vorgehen nicht mehr möglich ist.

Klage als letzte Möglichkeit

Gebe es einen Verwalter, werde dieser aber nicht tätig, sei eine gerichtliche Verpflichtung des Verwalters durch einen einzelnen Eigentümer seit der WEG-Reform nicht mehr möglich, entschied das Gericht. Ansprüche Einzelner lassen sich nur noch gegen die GdWE richten, welche sie zur Einberufung einer Eigentümerversammlung klageweise verpflichten könnten. Fehle ein Verwalter, sei den Wohnungseigentümern die Möglichkeit eröffnet, gerichtlich einen Verwalter bestellen zu lassen, der dann eine Wohnungseigentümerversammlung einberufen kann und muss.

Letztlich könnten einzelne Eigentümer sich selbst oder andere Wohnungseigentümer im Wege einer Beschlussersetzungsklage also gerichtlich ermächtigen lassen, die Versammlung ersatzweise einberufen zu dürfen.

Bewertung

Eigentümer haben weitergehende als in § 24 WEG beschriebene Möglichkeiten, eine Eigentümerversammlung einberufen zu lassen. Sie müssen dafür allerdings in der Regel das Gericht bemühen, was zu Kosten führt. Besser ist es, einen oder mehrere Ermächtigte zu bestimmen und diese Beschlüsse regelmäßig zu erneuern. So ist sichergestellt, dass die Eigentümerversammlung jederzeit einberufen werden kann.

Julia Wagner, Leiterin Zivilrecht Haus & Grund Deutschland

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