Vorauszahlungen nach der WEG-Reform

Sind Beschlüsse über den Wirtschaftsplan weiter zulässig?

Seit der WEG-Reform sieht das Gesetz vor, dass die Wohnungseigentümer nur noch über die Vorschüsse zur Kostentragung und die Rücklagen beschließen. Zwar muss der Verwalter weiterhin einen Wirtschaftsplan erstellen, dieser ist aber nicht mehr Teil der gesetzlich vorgesehenen Beschlussfassung. Doch was passiert, wenn die Gemeinschaft weiterhin über den gesamten Wirtschaftsplan abstimmt und nicht nur über die Vorschüsse und Rücklagen?

Müssen die Vorauszahlungen dennoch geleistet werden oder liegt kein gültiger Beschluss vor? Mit dieser Frage hat sich das Landgericht (LG) Frankfurt am Main in seinem Beschluss vom 20. April 2022 (2-13 T 15/22) auseinandergesetzt.

Beschluss über Wirtschaftsplan
Im konkreten Fall stritten die Wohnungseigentümer gerichtlich über eine Vorschussforderung aus einem Wirtschaftsplan. Dieser wurde – bei Außerachtlassung der durch die WEG-Reform geänderten Rechtslage – als Ganzes beschlossen. Ein separater Beschluss über die Vorschüsse und Rücklagen erfolgte ebenfalls nicht. Weil der Wohnungseigentümer während des laufenden Verfahrens die Forderung beglich, mussten die Richter nur noch über die Kostentragung für das gerichtliche Verfahren entscheiden. Diese bürdeten sie dem zuvor säumigen Wohnungseigentümer auf. Sie begründeten dies damit, dass ein Beschluss über den kompletten Wirtschaftsplan auch eine Beschlussfassung über die Vorschüsse und Rücklagen beinhaltet. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Gemeinschaft gar nicht mehr über den Wirtschaftsplan beschließen dürfe, dann wäre zumindest der in einem entsprechenden Beschluss enthaltene Beschluss über die Vorauszahlungen und die Rücklagen weiterhin wirksam. Der Beschluss wäre also allenfalls hinsichtlich des über die Vorauszahlungen und Rücklagen hinausgehenden Teils des Wirtschaftsplans teilnichtig. Da so aber klar war, dass zumindest die umstrittenen Vorauszahlungen ordnungsgemäß beschlossen waren, mussten die Richter gar nicht entscheiden, ob der Beschluss über den restlichen Wirtschaftsplan nichtig war, weil der Gemeinschaft hierfür keine (eindeutige gesetzliche) Beschlusskompetenz mehr zusteht. Daher ließen die Richter diese Frage dann auch explizit offen.

Vorschüsse sind beschlossen
Für Wohnungseigentümer ist aber die wichtigste Frage geklärt: Auch wenn die Gemeinschaft über den kompletten Wirtschaftsplan beschließt, gilt dies als ordnungsgemäßer Beschluss über die Vorschüsse und Rücklagen. Wenn in diesem Bereich die Änderungen durch die WEG-Reform nicht beachtet werden, hat das also keine gravierenden Auswirkungen.

Praxistipp
Auch wenn es in dem Urteil um den Wirtschaftsplan und die Vorschüsse und Rücklagen ging, lässt sich dieses Urteil sicherlich auch auf den Jahresabschluss und die Abrechnungsspitzen übertragen. Denn auch dort sieht das Gesetz, dass nicht mehr über den gesamten Jahresabschluss beschlossen wird. Wenn das dennoch erfolgt, dürfte es nach diesem Urteil ebenfalls kein Problem sein.

Gerold Happ, Geschäftsführer Umwelt- und Immobilienrecht Haus & Grund Deutschland

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