Videoüberwachung: Wohnungseigentümer können weiterhin selbst klagen

Sicherheit ist ein wichtiges Thema in Gemeinschaften der Wohnungseigentümer (GdWE). Manche setzen auf Videoüberwachung, andere lehnen diese grundsätzlich ab. Aufgrund dieser gegensätzlichen Ansichten müssen sich auch immer wieder Gerichte mit der heiklen Thematik befassen.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat unlängst in seinem Beschluss vom 10. Mai 2023 (2-13 T 33/23) entschieden, dass auch nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) Wohnungseigentümer weiterhin selbst verlangen können, dass Videoaufzeichnungen, auf denen sie zu sehen sind, unterlassen werden. Ihre entsprechenden Individualansprüche müssen nicht von der GdWE geltend gemacht werden.

Videoaufzeichnung im Flur

In dem konkreten Rechtsstreit verlangte eine Wohnungseigentümerin, dass andere Wohnungseigentümer es unterlassen, Videokameras aufzustellen, mit denen sie den Flur vor der Wohnung der Eigentümerin überwachen. Zugleich begehrte sie Schmerzensgeld für diesen Eingriff in ihre Privatsphäre. In dem Prozess vor dem Amtsgericht verglichen sich die streitenden Parteien. Das Gericht legte die kompletten Verfahrenskosten jedoch der Wohnungseigentümerin auf, da es die Auffassung vertrat, dass diese Ansprüche nach der WEG-Reform nicht mehr durch die Eigentümerin geltend gemacht werden können, sondern vielmehr der Gemeinschaft zustünden. Gegen diese Kostenentscheidung legte die Eigentümerin Beschwerde beim Landgericht ein.

Individualansprüche gehören nicht der Gemeinschaft

Das Landgericht hielt die einseitige Kostenbelastung für falsch. Zwar könnten seit der WEG-Reform Wohnungseigentümer Abwehransprüche aus § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bezüglich des Gemeinschaftseigentums nicht mehr selbst geltend machen. Auch der Abwehranspruch aus § 14 Absatz 1 Nummer 1 WEG liege bei der Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümerin verlange hier aber, dass es unterlassen wird, Videoaufnahmen von ihr beim Betreten oder Verlassen ihrer Wohnung zu fertigen. Hierbei handele es sich demnach um deliktische Ansprüche aus § 823 BGB in Verbindung mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder aus der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Dies seien aber keine Ansprüche, die nach § 9a Absatz 2 WEG der GdWE übertragen worden sind. Vielmehr handele es sich um Individualansprüche. Dass die Betroffene (zufällig) Wohnungseigentümerin ist, führe nicht dazu, dass die Gemeinschaft diesen Anspruch geltend machen muss. Da auch nicht die komplette Anlage betroffen ist, sei auch kein koordiniertes Verhalten der Gemeinschaft oder eine einheitliche Rechtsverfolgung erforderlich. Das Gleiche gelte für Schmerzensgeldansprüche nach Artikel 82 DS-GVO.

Kosten werden geteilt

Da die Klage somit nicht offensichtlich unzulässig und zum Zeitpunkt des Vergleichs auch ohne weitere Beweisaufnahme nicht klar war, welche Seite obsiegen würde, hob das Landgericht die einseitige Kostenbelastung auf. Aufgrund des offenen Ausgangs ordnete das Gericht an, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.

Gerold Happ, Geschäftsführer Immobilien- und Umweltrecht Haus & Grund Deutschland

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