Verwalterlose Wohnungseigentümergemeinschaft kann erfolgreich gegen Einzelne klagen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine verwalterlose Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bei einer gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichteten Klage gemeinschaftlich durch die übrigen Wohnungseigentümer vertreten wird.

Zudem entschied der BGH, dass die Erhebung einer gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichteten Klage auf Zahlung einer Sonderumlage keiner Beschlussfassung bedarf.

Eigentümer wollen beschlossene Sonderumlage nicht zahlen
Kläger und Beklagte bilden im entschiedenen Fall eine verwalterlose Zweier-WEG. In einer Eigentümerversammlung wurde mit knapper Mehrheit der Stimmen der Kläger eine Dachsanierung beschlossen. Die Beklagten fochten den Beschluss an. Weil die Beklagten auch die Sonderumlage für die Dachsanierung nicht zahlten, klagten die Kläger im Namen der Gemeinschaft auf Zahlung. Das Amtsgericht wies die Klage zunächst ab, woraufhin die Kläger Berufung einlegten. Nachträglich änderten sie die Klage im Wege des Parteiwechsels dahingehend, dass nunmehr die Gemeinschaft Klägerin ist. Das Landgericht gab der geänderten Klage im Wege des Berufungsverfahrens statt, wogegen sich nunmehr die Beklagten wenden.

Übrige Wohnungseigentümer können im Namen der Gemeinschaft verklagen
Der BGH gibt den Klägern Recht. Insbesondere ist der zwischenzeitliche Parteiwechsel zulässig. Die Rechtsverteidigung der Beklagten werde nämlich durch den Klägerwechsel nicht beeinträchtigt. Die Klage beinhalte unverändert das von Anfang an verfolgte Ziel: die Zahlung der Sonderumlage.

Klagt die verwalterlose Gemeinschaft gegen einzelne Wohnungseigentümer, werde sie durch die übrigen, nicht verklagten Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Verbleibt nur ein Eigentümer auf Klägerseite, so vertritt dieser die Gemeinschaft allein. Der Senat hatte bereits in diesem Sinne in seinem Urteil vom 8. Juli 2022 entschieden.

Nach Parteiwechsel ist Gemeinschaft Klägerin
Da die Kläger befugt waren, die Gemeinschaft zu vertreten, konnten sie dem Rechtsanwalt wirksam Prozessvollmacht erteilen. Dieser war demnach befugt, im laufenden Verfahren den Parteiwechsel zu erklären. Auch sei es im Ergebnis nicht von Belang, dass die Gemeinschaft keinen Beschluss darüber gefasst habe, dass eine Zahlungsklage erhoben werde. Denn bei der verwalterlosen Gemeinschaft entspreche die Vertretungsmacht der Wohnungseigentümer derjenigen des Verwalters.

Sonderumlage muss gezahlt werden
Auch in der Sache sei den Klägern recht zu geben, so die Richter. Die Beklagten müssen die Sonderumlage anteilig nach Miteigentumsanteilen zahlen. Wohnungseigentümer haben nämlich Beitragsvorschüsse zu entrichten, die während der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft fällig werden. Die Anfechtung des Sanierungsbeschlusses, welcher dem Beschluss zur Sonderumlage vorausging, ändere daran nichts, da die Fälligkeit der Sonderumlage nicht von dem Sanierungsbeschluss abhänge. Selbst wenn auch der Umlagebeschluss angefochten worden wäre, ändert dies nichts an der Zahlungspflicht. Denn solange Beschlüsse über die Erhebung von Sonderumlagen nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden sind, seien sie gültig und begründeten die Zahlungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers.

BGH, 08.07. 2022 (V ZR 202/21)
BGH, 16.09. 2022, (V ZR 180/21)

Julia Wagner, Leiterin Zivilrecht Haus & Grund Deutschland

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