Umwandlungsverbot: Chancen schaffen statt neuer Hürden

Prof. Dr. Michael Voigtländer ist Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte am Institut für Wirtschaft (IW) Köln. Im Interview erklärt er, warum das geplante Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen seine Wirkung nicht nur verfehlen wird, sondern neue Probleme schafft.

Was sieht das Umwandlungsverbot vor?
Bisher kann ein Eigentümer eines Mehrfamilienhauses die Wohnungen aufteilen und sie einzeln an die bestehenden Mieter oder an Kapitalanleger verkaufen. Mit dem neuen Paragrafen 250 im Baugesetzbuch, der nun diskutiert wird, ginge das nur noch unter Vorbehalt – die Aufteilung müsste genehmigt werden. Die Kommune darf künftig jede Umwandlung untersagen, abgesehen von wenigen Ausnahmen, beispielsweise bei Erbgemeinschaften oder wenn zwei Drittel der Mieter ihre Wohnung kaufen möchten. Die Erfahrungen mit Erhaltungsschutzsatzungen – bei denen ähnliche Regelungen gelten – zeigen, dass eine solche Regel schnell zum Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen wird.

Was soll verhindert werden?
Motiviert ist die geplante Reform vor allem durch Erfahrungen in Berlin. Dort kaufen einige Investoren Mehrfamilienhäuser und versuchen dann, Mieterwechsel zu erzwingen, teilweise mit sehr rüdem Vorgehen. Da die Bestandsmiete oftmals deutlich unter der Marktmiete liegt, können so die Erträge spürbar gesteigert werden. Dann werden die Wohnungen – oft auch saniert – an Kapitalanleger verkauft. Mieter sollen so besser vor solchen Akteuren geschützt werden.

Kommt die intendierte Schutzwirkung Ihrer Ansicht nach zum Tragen?
Nein, ein Umwandlungsverbot wird solche Geschäftspraktiken kaum verhindern. Statt die Wohnungen einzeln zu verkaufen, werden die Mehrfamilienhäuser dann an andere Investoren verkauft – aufgrund der Stabilität des Marktes gibt es genügend größere Investoren, die Mehrfamilienhäuser kaufen möchten. Ob der Verkauf an Großinvestoren für die Mieter besser ist, darf bezweifelt werden. Laut einer Untersuchung im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt und Raumplanung erhöhen Kleinvermieter gerade in angespannten Märkten die Miete seltener als Unternehmen – letztlich, weil ihnen ein unbelastetes Verhältnis zum Mieter sehr wichtig ist.

Welche weiteren Konsequenzen hätte ein Umwandlungsverbot?
Die Reform würde die Chance auf mehr Wohneigentum für viele Haushalte verbauen, da es den Zugang für Selbstnutzer erschwert. Rund 65.000 Haushalte kauften 2019 Wohnungen in Städten zur Selbstnutzung. Für sie wird der Markt deutlich enger, für bereits umgewandelte Wohnungen könnte es Preisaufschläge geben. Die Bundesregierung sollte Chancen schaffen statt neuer Hürden. Das Problem des eklatanten Wohnungsmangels löst ein Umwandlungsverbot nicht; es konterkariert aber die Wohneigentumsbildung.

Das Interview führte Anna Katharina Fricke
Referentin Presse und Kommunikation Haus & Grund Deutschland

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Kommentar: Politischer Offenbarungseid

Vor der Bundestagswahl möchte Bauminister Horst Seehofer noch schnell eine Änderung des Baugesetzbuches durch den Bundestag bringen, mit der die Umwandlung von Mehrfamilienhäusern in Eigentumswohnungen verboten werden soll. Die Bundesregierung hält dies für nötig, weil eine Umwandlung Mieter verdränge.

Das Gesetz ist derart umfassend, dass es auch privaten Eigentümern die Aufteilung im Erbschaftsfall oder die Modernisierung des Gebäudes unmöglich macht – obwohl dies vorgeblich gar nicht das Ziel des Gesetzes ist. Nach unserer Ansicht ist das Gesetz auch deswegen unnötig, weil die behauptete Verdrängung durch einen mindestens zehnjährigen Sonderkündigungsschutz nicht existiert. Diesem Hinweis ist die Opposition im Deutschen Bundestag nachgegangen.

Der Abgeordnete Daniel Föst (FDP) befragte deshalb die Bundesregierung, aufgrund welcher Erkenntnisse sie das Umwandlungsverbot beschlossen habe. Die Antwort der Bundesregierung liegt jetzt als Bundestagsdrucksache vor. Sie lautet, dass ihr keine Zahlen, Studien oder Erkenntnisse vorliegen. Auf gut Deutsch: Die Regierung schreibt ein Gesetz, um ein Problem zu beseitigen, von dem sie nicht weiß, ob es existiert – mit schweren Nebenwirkungen zulasten der Eigentümer. Und alles nur, weil ein paar Populisten dies fordern. Das ist ein politischer Offenbarungseid.

Kai H. Warnecke
Präsident Haus & Grund Deutschland

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