Teilungsversteigerung der Ehewohnung schon vor der Scheidung möglich

Die Teilungsversteigerung einer gemeinsamen Immobilie, die den Eheleuten auch als gemeinsame Wohnung gedient hat, ist ebenfalls während der Trennungszeit möglich.

Ein teilungsunwilliger Ehepartner kann seine Interessen im Wege eines Drittwiderspruchsantrages geltend machen. Die eherechtlichen Belange können eingebracht und berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Härtegründe, die vor einer Vollstreckung schützen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 16. November 2022, XII ZB 100/22 entschieden.

Ehefrau stellt Drittwiderspruchsantrag gegen Teilungsversteigerung
Im zu entscheidenden Fall wendete sich die Ehefrau mit Drittwiderspruchsantrag gegen die Teilungsversteigerung der Ehewohnung, die sie mit ihren Töchtern bewohnt. Ihr getrennt lebender Gatte hatte die Teilungsversteigerung beantragt. Die Wohnung steht seit 2017 im hälftigen Eigentum der Eheleute. Daneben steht auch eine weitere vermietete Eigentumswohnung und eine Ferienimmobilie, je zur Hälfte im Eigentum der Eheleute. Nach der Trennung im Juni 2018 beantragte der Ehemann im September die Scheidung. Auch die Ehefrau hat zwischenzeitlich einen eigenen Scheidungsantrag gestellt. Der Ehemann betreibt die Teilungsversteigerung für beide Wohneinheiten, nicht aber für die Ferienimmobilie.

Die Ehefrau erhält eine knappe Erwerbsminderungsrente, der Ehemann lebt von Sozialleistungen. Kindes- und Ehegattenunterhalt zahlt er nicht.

Amts- und Oberlandesgericht haben den Drittwiderspruchsantrag der Ehefrau zurückgewiesen. Erfolglos blieb auch ihre Rechtsbeschwerde beim BGH, mit der sie die Teilungsversteigerung des Wohnungseigentumsanteils verhindern will.

Nur bei der Veräußerung des gesamten Vermögens muss der Ehegatte zustimmen
Der BGH führt aus, dass zu den Gegenrechten im Drittwiderspruchsverfahren auch eherechtliche Einwände gehören können. Handele es sich bei dem zu versteigernden Miteigentumsanteil um das gesamte Vermögen der Eheleute, bedürfe der Antrag auf Teilungsversteigerung der Zustimmung des versteigerungsunwilligen Ehegatten. In diesem Fall betreibe der Ehemann zwar das Teilungsversteigerungsverfahren für beide Eigentumswohnungen, nicht aber für die Ferienimmobilie. Damit sei ein weiterer werthaltiger Vermögensgegenstand vorhanden, und es handele sich nicht um das ganze Vermögen der Eheleute.

Einwand der ehelichen Fürsorgepflicht
Auch die eheliche Fürsorge- und Rücksichtnahmepflicht stehe dem Antrag auf Teilungsversteigerung der Ehewohnung nicht entgegen. Dies sei jedenfalls dann zu beachten, wenn mit der Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche die Gefahr verbunden sei, dass der andere Ehegatte die genutzte Ehewohnung verlieren würde. Der teilungsunwillige Ehegatte habe allerdings auch nicht das Recht, dass bis zur Scheidung alles im gewohnten Umfang weiter zur Verfügung stehe. Auch dieser Ehegatte habe Rücksicht auf den anderen zu nehmen. Hier müssen beide Interessen gegeneinander abgewogen werden, was das Berufungsgericht erfüllt habe.

Interessenabwägung
Die finanziellen Möglichkeiten der Ehefrau seien berücksichtigt worden; es sei aber nicht ersichtlich, dass sie sich keinen zumutbaren Ersatzwohnraum suchen könne, auch unter Berücksichtigung ihres Anteils aus dem Ersteigerungserlös. Auch die Belastungen für die Kinder seien berücksichtigt worden. Diese beschränkten sich aber lediglich auf den Umzug.

Dem Interesse des Ehegatten am Versteigerungserlös sei der Vorzug gewährt worden, weil sich das Getrenntleben bereits drei Jahre hinziehe und er selbst in sehr bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Schließlich habe das gemeinsame Leben in der Familienwohnung auch nicht mehr als ein Jahr betragen.

Über die Teilungsversteigerung
Jeder Teilhaber einer Gemeinschaft nach Bruchteilen kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Gehört ein Grundstück beispielsweise zwei oder mehreren Personen, erfolgt die Teilungsversteigerung durch Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses. Auch die Mieteigentumsanteile am Wohneigentum (Eigentumswohnung) können zwangsversteigert werden, wenn ein Teilhaber der Gemeinschaft dies beantragt. Die übrigen Teilhaber, die mit der Teilungsversteigerung nicht einverstanden sind, haben die Möglichkeit, ihre Rechte und Einwendungen dagegen per Drittwiderspruchsantrag geltend zu machen.

Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin Haus & Grund Deutschland

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