Ist dann mein Veräußerungsgewinn steuerfrei, weil ich von der Ausnahme für Wohnnutzung profitiere? Das Finanzgericht Niedersachsen lehnte dies in seinem Urteil vom 20. Juli 2022 (4 K 88/21) mit Blick auf den Zweck der gesetzlichen Ausnahme für selbst genutzte Wohnimmobilien klar ab: Die Ausnahmeregelung soll nur solche Grundstücksverkäufe steuerlich verschonen, die durch einen Wohnsitzwechsel nötig werden. Das war hier aber nicht der Fall. Denn es wurde ja lediglich ein Teil des Grundstücks abgetrennt, der andere Teil aber weiter vom Verkäufer bewohnt. Ein Wohnsitzwechsel fand also nicht statt. Das Urteil ist indes noch nicht rechtskräftig, die Revision läuft beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 14/22.
Fazit
Die Erfolgsaussichten der Kläger dürften hier angesichts der klaren Rechtslage eher gering sein. Nachjustierungen durch Dehnung der gesetzlichen Regelung scheitern zumeist. Auch sorgt in der Praxis immer wieder die weitere Ausnahme, das Bewohnen „im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren“, für Streit zwischen Verkäufer und Finanzamt. Die Frage, ob ein häusliches Arbeitszimmer aus der spekulationsteuerfrei gestellten, weil zuvor selbst bewohnten Immobilie „herausgerechnet“ werden muss, hat der Bundesfinanzhof hingegen bereits 2021 zugunsten der Steuerzahler entschieden (Urteil vom 1. März 2021, IX R 27/19).