Steigende Gaspreise: Was Vermieter jetzt wissen müssen

Hinsichtlich der steigenden Gaspreise hat Bundeskanzler Olaf Scholz weitere Unterstützungen für die Bevölkerung in Aussicht gestellt. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses aktuelle Rechtslage.

Vermieter sollen nach dem Willen der SPD ihren Mietern nicht kündigen dürfen, wenn diese ihre Betriebskostenabrechnung oder ihre Vorauszahlungen nicht oder nicht vollständig bezahlen können. Eigentümer und Vermieter, die diesbezüglich selbst in finanzielle Schieflage geraten, sollen einen Überbrückungskredit von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhalten. So jedenfalls lautet der Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses liegt allerdings noch kein Gesetzentwurf vor.

Private Haushalte werden weiterhin versorgt
Kommt es bei der Gasversorgung zu Engpässen, greift in Deutschland der Notfallplan Gas. Dabei wird zwischen drei Krisenstufen unterschieden: Die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Seit dem 23. Juni 2022 gilt die Alarmstufe, und bislang ist die Versorgungssicherheit gewährleistet (Stand Redaktionsschluss). In der dritten und höchsten Stufe, der Notfallstufe, kann die Bundesregierung hoheitliche Maßnahmen ergreifen. In einem solchen Fall wäre die Bundesnetzagentur für die Verteilung des vorhandenen Gases verantwortlich. Allerdings ist die Gasversorgung der privaten Haushalte gesetzlich besonders geschützt. Das bedeutet, private Haushalte sind vorrangig mit Gas zu versorgen. Zunächst also wird die Gaslieferung nach Abwägung der Bundesnetzagentur unter anderem für Gewerbe und Industrie begrenzt.

Weiter steigende Gaspreise sind spätestens ab Herbst zu erwarten
Mit Eintreten der Notfallstufe werden die Preise für die Ersatzbeschaffung für nicht geliefertes russisches Gas mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit stark ansteigen. Solche Preissteigerungen dürfen Gaslieferanten entlang der Lieferkette dann an die Endkunden weitergeben. Dieses Gesetz hat der Deutsche Bundestag kürzlich beschlossen. Wie sich die Situation entwickeln wird, bleibt freilich abzuwarten.

Anpassungen der Betriebskostenvorauszahlungen erforderlich
Schon heute stellen sich viele Vermieter die Frage, ob und wie sie die Vorauszahlungen der Mieter an die gestiegenen Preise anpassen können. Denn der Vermieter geht regelmäßig in Vorleistung, wenn die Mieter über eine zentrale Heizungsanlage mit Wärme und Warmwasser versorgt werden. Hat der Vermieter vertraglich eine Vorauszahlungspflicht der Mieter vereinbart, kann er diese nach jeder Abrechnung einmal anpassen. Ein pauschaler Sicherheitszuschlag zu den bisherigen Vorauszahlungen ist allerdings nicht zulässig; vielmehr muss der Vermieter eine angemessene Prognose über die zu erwartende Kostensteigerung einzelner Betriebskostenarten anstellen. Die Anpassung der Vorauszahlung ist notwendig, um einem bösen Erwachen seitens der Mieter zum Zeitpunkt der Abrechnung zuvorzukommen. Denn wenn die Nachforderungen sehr hoch ausfallen, läuft der Vermieter Gefahr, dass die Mieter damit finanziell überfordert sind. Transparenz ist hier für beide Seiten sehr wichtig; immerhin können Mieter durch individuelles Verhalten erheblich zur Reduzierung der Kostenlast beitragen.

Keine Vorschriften zu Mindesttemperaturen
Nach aktueller Rechtslage liegt ein Mietmangel vor, wenn der Mieter seine Wohnung nicht ausreichend beheizen kann. Mindesttemperaturen sind – jedenfalls bis zum Redaktionsschluss – gesetzlich nicht geregelt. Vielmehr hat sie die Rechtsprechung in diversen Urteilen anhand eines zeitgemäßen Wohnstandards herausgebildet. Bisher ging die Rechtsprechung davon aus, dass folgende Temperaturen einzuhalten sind:

In Wohnräumen und Bädern müssen in der Zeit von 6 bis 23 Uhr mindestens 20 Grad Celsius, in sonstigen Nebenräumen 18 Grad Celsius erreicht werden können, in der Zeit von 23 bis 6 Uhr genügt es, wenn die Wohnräume mindestens über 16 bis 18 Grad Celsius verfügen.

Die Warmwassertemperatur muss rund um die Uhr 40 Grad Celsius ohne zeitlichen Vorlauf erreichen. Achtung: Bei sogenannten Großanlagen, die der Trinkwasserverordnung unterliegen, muss die Wassertemperatur aus Gründen des Legionellenschutzes bei 60 Grad Celsius liegen.

Für den Fall, dass vermietete Wohnungen in der aktuellen Situation nicht im üblichen Umfang beheizt und benutzt werden können, stellt sich die Frage, wie die Rechtsprechung darauf reagieren beziehungsweise ob der Gesetzgeber möglicherweise noch tätig wird. Die Frage lässt sich daher leider noch nicht beantworten.

Bei Gasetagenheizungen stehen die Mieter selbst in der Verantwortung, die steigenden Kosten zu bedienen
Sind die Mieter mit einer Gasetagenheizung versorgt, haben sie regelmäßig selbst einen Vertrag mit den Gaslieferanten abgeschlossen. In diesem Fall steht der Mieter selbst in der Verantwortung. Der Vermieter muss aber dafür sorgen, dass die Funktionsfähigkeit der Heizung gewährleistet ist, solange er die Heizung zur Verfügung gestellt hat.

Die Situation ist im tatsächlichen, also auch im politischen Sinne sehr dynamisch. Gas wird es wohl geben – die Frage ist nur, zu welchem Preis. Daher wird zurzeit beispielsweise das von der SPD vorgeschlagene Kündigungsmoratorium diskutiert. Dieser Vorschlag verschiebt das Problem steigender Preise nur, löst es aber nicht. Vielmehr werden nun auch noch Vermieter finanziell destabilisiert. Dies ist auch nicht im Interesse der Mieter, denn wenn der Vermieter einzelne Verträge nicht mehr bedienen kann, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Hausgemeinschaft. Auch das zinslose Darlehen für Vermieter, die durch den Zahlungsausfall ihrer Mieter nun selbst in Bedrängnis geraten, ist keine Lösung. Schließlich müssen die Mieter nach Ablauf des Moratoriums ihre Schulden zurückzahlen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, ihre Wohnung zu verlieren. Es stellt sich also die Frage, warum der Staat das Darlehen nicht gleich den in Not Geratenen zur Verfügung stellt, sondern stattdessen auch noch die Vermieter nachhaltig in finanzielle Bedrängnis bringt. Von den steigenden Preisen sind nämlich alle im gleichen Maße betroffen. Vermieter und Mieter sitzen in einem Boot. Sie sollten nicht erneut gegeneinander ausgespielt werden.

Bewertung von Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin Haus & Grund Deutschland

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