Städte- und Wohnungsbau: Mobilisierung privater Eigentümer

Haus & Grund-Vereine haben ein großes Potenzial, eine tragende Rolle bei der Mitgestaltung kommunaler Städte und Wohnungsbaupolitik einzunehmen.

Im Rahmen des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau — ExWoSt“, das vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) durgeführt wurde, entstand die Studie zur „Mobilisierung privater Eigentümer für den Städte- und Wohnungsbau“. Ziel dieser Studie ist es, ein besseres Verständnis für die Aktivität, aber auch die Rahmenbedingungen von Eigentümervereinen bei der Gestaltung der Stadtentwicklung und Eigentümermobilisierung zu erarbeiten. Im Rahmen dieser Studie hat die Quaestio Forschung & Beratung GmbH acht Fallstudien in lokalen Haus & Grund-Vereinen durchgeführt. Schwerpunkt der Studien bildeten die bisherigen Aktivitäten der Vereine, die Vereinsstruktur sowie die Interessen und Möglichkeiten für ein Engagement in der Stadtentwicklung.

Die wichtigsten Erkenntnisse

Aufgrund der großen Präsenz privater Kleineigentümer auf dem Wohnungsmarkt sind Themen der Eigentümermobilisierung für viele Kommunen der Schlüssel, um private Immobilieneigentümer für Maßnahmen zu gewinnen, die auf der einen Seite die langfristige Marktfähigkeit der Wohnobjekte und auf der anderen Seite die Attraktivität einzelner lokaler Wohnungsmarktsegmente sichern. Die Untersuchung hat ergeben, dass alle acht Vereine (Bad Lauterbach, Eberswalde, Essen, Gelsenkirchen, Kiel, Leipzig, Lüneburg und Stuttgart) auf unterschiedliche Weise mit den Kommunen in Kontakt stehen oder standen. Besonderes Potenzial einer möglichen Ausweitung dieser Zusammenarbeit und einer vertieften Eigentümermobilisierung sehen die beteiligten Vereine bei Themen der Energie und Mobilität, des kleinteiligeren Wohnungsneubaus, des städtebaulichen Strukturwandels, der Unterstützungsleistungen für die Bewohnerschaft und der wohnungspolitischen Instrumente.

Kleinvermieter sind relevante Akteure

Allerdings stellen die diversen gesellschaftlichen Veränderungen, die auch immobilienwirtschaftliche Folgen nach sich ziehen, die private Immobilienwirtschaft vermehrt vor Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Größere Wohnungsunternehmen sind bei der Umsetzung erforderlicher Maßnahmen gegenüber den privaten Kleinvermietern, die ihre Immobilien meist als Nebenerwerb oder in ihrer Freizeit bewirtschaften, klar im Vorteil. Auch bei stadtentwicklungs- und wohnungspolitischen Themen beziehen Kommunen meist größere Wohnungsunternehmen aufgrund der höheren Zahl an Wohneinheiten mit ein. Da in Deutschland allerdings fast zwei Drittel aller Wohnungen von privaten Immobilieneigentümern angeboten werden, darf die stadtentwicklungspolitische Relevanz dieser Gruppe nicht ignoriert werden.

Sollte aufgrund der neuen Anforderungen der Bestand privater Eigentümer vermehrt in die Hände großer Akteure gelangen, geht das große Potenzial einer kleinteiligen Eigentümerschaft verloren. Dieses Potenzial liegt vorrangig in den persönlichen Bewirtschaftungsentscheidungen, bei denen meist eine Balance zwischen Mieterzufriedenheit und Ertragsorientierung im Vordergrund stehen und die reine Profitmaximierung eine untergeordnete Rolle einnimmt. Zudem ist das Einzeleigentum auch Ausdruck einer breiten Vermögensstreuung und bietet eine stabile Altersvorsorge, die wiederum vor dem Hintergrund des demografischen Wandels dringend geboten zu sein scheint.

Vor allem die oben schon erwähnte demografische Entwicklung sowie der Klimawandel sind in den letzten Jahren deutlich in den politischen Fokus gerückt, was zur Erarbeitung verschiedener Maßnahmen führte, deren Umsetzung relativ kurzfristig realisiert werden sollen. Für die zügige Umsetzung und die dafür erforderlichen politischen Weichenstellungen, beispielsweise in Form von Förderprojekten, die von der breiten Masse weitestgehend positiv aufgenommen werden sollten, bedarf es der Einbeziehung privater Eigentümer.

Haus & Grund-Vereine als Schnittstelle

Die Studie zeigt, dass bei dem Schulterschluss der kommunalen Verwaltungen mit den privaten Immobilieneigentümern vor Ort Haus & Grund als größte deutsche Eigentümerorganisation prädestiniert dafür ist, die Rolle als Intermediär einzunehmen. Die einzelnen Haus & Grund-Vereine würden dann die Schnittstelle zwischen der öffentlichen Hand und den privaten Eigentümern besetzen. So vielversprechend schon bestehende Projekte in diese Richtung auch sind, so hat die Untersuchung dennoch gezeigt, dass eine deutliche Ausdehnung der Tätigkeit vor allem für viele kleine Ortsvereine nicht leistbar ist, da aufgrund der meist ehrenamtlichen Organisation die Kernaufgabe der Beratungsleistung nicht mehr im vollen Umfang gewährleistet werden könnte. Doch auch vielen Kommunen mangelt es an der personellen Stärke, um solche Projekte umzusetzen. Das große Potenzial, das die Intermediäre für die Stadtentwicklung und den Wohnungsbau hätten, wird vielerorts daher auch in Zukunft wahrscheinlich nicht vollumfänglich genutzt werden. Dennoch gibt es genug Kommunen, in denen sich eine solche Umsetzung lohnen würde. Mit zunehmender Professionalisierung der Vereine und Landesverbände stieg dieses Potenzial in der Vergangenheit auch deutlich an. Eine mögliche Unterstützung der Vereine, die solche Projekte nicht allein schultern können, könnte nach Einschätzung der Verfasser durch den Aufbau einer übergeordneten Agentur zur stadtentwicklungsbezogenen Vereinsarbeit gewährleistet werden.

Die gesamte Studie ist unter www.bbsr.bund.de abrufbar.

Jakob Grimm, Referent Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik Haus & Grund Deutschland

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