Räum- und Streupflicht in WEGs: Hausmeister muss haften

Mit seinem Urteil vom 7. Dezember 2020 (9 U 34/19) hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ihre Räum- und Streupflicht für öffentlich zugängliche Wege so auf einen Hausmeister delegieren kann, dass dieser und nicht die WEG haftet, wenn ein Schaden entsteht.

Dabei dürfe sich die WEG bei der Übertragung des Räum- und Streudienstes auf einen professionellen Hausmeisterdienst im Allgemeinen auf eine Erfüllung der Pflichten verlassen und muss nicht ohne Anlass alle Einzelheiten der Tätigkeit des Hausmeisters kontrollieren.

Räumpflicht auch auf öffentlich zugänglichen Gemeinschaftsflächen
Zu der beklagten WEG gehört eine im Gemeinschaftseigentum stehende Tiefgarageneinfahrt, welche auch öffentlich zugänglich ist. Auf dieser Einfahrt stürzte die Klägerin wegen vorhandener Schnee- und Eisglätte. Die Räum- und Streupflicht für solche öffentlich zugänglichen Wege obliegt den Straßenanliegern, also der WEG, welche sie wiederum vertraglich an einen professionellen Hausmeisterdienst übertragen hat.

Die Klägerin verlangte wegen Verletzung der Räum- und Streupflicht Ersatz ihres Schadens sowie Schmerzensgeld von der Gemeinschaft. Die ist allerdings der Auffassung, sie habe die Räum- und Streupflicht ordnungsgemäß delegiert, der Hausmeisterservice müsse für den Schaden haften.

WEG kann Räumpflicht delegieren
Das Oberlandesgericht gab der WEG Recht. Nicht die WEG, sondern der Hausmeisterservice müsse für den Schaden durch den Unfall haften. Die Gemeinschaft habe die sie treffende Räum- und Streupflicht wirksam auf den Hausmeisterdienst delegiert. Es sei anerkannt, dass solche Verkehrssicherungspflichten auf einen Dritten übertragen werden können. Dafür erforderlich sei lediglich eine klare Absprache, dass der Dritte die Verantwortung für die Verkehrssicherungspflichten in vollem Umfang übernimmt.

In diesem konkreten Fall ergibt sich die Pflichtübernahme aus dem mit dem Hausmeisterservice geschlossenen Vertrag, in dem ersichtlich ist, dass er auch auf öffentlich zugänglichen Wegen für den Winterdienst verantwortlich sein sollte.

Nur eingeschränkte Überwachungs- und Kontrollpflicht der WEG
Die WEG haftet auch nicht dafür, dass sie den Hausmeisterdienst nicht ausreichend überwacht und kontrolliert hat. Denn bei Beauftragung eines Fachunternehmens dürfe man sich grundsätzlich auf die Erfüllung der vereinbarten Pflichten verlassen. Man müsse nicht ohne konkreten Anlass alle Einzelheiten kontrollieren. Die WEG müsse dementsprechend im Winter nicht ständig prüfen, ob ordnungsgemäß gestreut wurde. Bei WEGs könne man außerdem noch davon ausgehen, dass die Bewohner darauf achten, dass zumindest ihre auch selbstgenutzten Gemeinschaftsflächen frei von Schnee- und Eisglätte sind. Es ist daher grundsätzlich zu erwarten, dass mögliche Unzulänglichkeiten des Hausmeisterdienstes von den Bewohnern umgehend der Verwalterin mitgeteilt würden. Dies genüge nach Ansicht des Gerichts der Überwachungs- und Kontrollpflicht.

Julia Wagner
Referentin Recht Haus & Grund Deutschland

2103 05vv – kl4