Prozessführungsvollmacht bei vorzeitigem Erben von Eigentumswohnungen

Eine durchaus gängige Variante, Eigentum auf seine Kinder zu übertragen, ist die vorgezogene Erbschaft: Die Eltern übertragen das Immobilieneigentum auf ihre Kinder und lassen sich gleichzeitig ein umfassendes Nießbrauchsrecht einräumen. Bei einer solchen Übertragung von Eigentumswohnungen sollte den Nießbrauchern aber rechtzeitig eine Vollmacht zur Prozessführung eingeräumt werden, wenn diese sich weiterhin um die rechtlichen Belange innerhalb der Eigentümergemeinschaft kümmern sollen.

Denn diese Vollmacht muss bei einer Beschlussanfechtungsklage der Nießbraucher innerhalb der einmonatigen Klagefrist bei Gericht eingereicht werden, wenn die Klage nicht von Anfang an unbegründet sein soll. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor. (1) Im Fall übertrug ein Ehepaar das Eigentum an der von ihm bewohnten Eigentumswohnung auf ihre Tochter und ließ sich ein Nießbrauchsrecht einräumen. Einige Jahre später fochten die Eltern einen Beschluss der Gemeinschaft an. Sie versäumten bei der Klageerhebung, die ihnen schon vor Jahren erteilte Prozessführungsvollmacht einzureichen. Diese wurde erst im Laufe des Prozesses nachgereicht.

Frist versäumt
Doch das war dem Gericht zu spät. Zwar war die Klage zulässig, weil den Eltern als Nießbrauchern eine Prozessführungsvollmacht von ihrer Tochter als Eigentümerin erteilt worden war. Allerdings wies das Gericht die Klage als unbegründet ab, da die Vollmacht nicht innerhalb der Klagefrist vorgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung zogen die Eltern bis vor den BGH.

Rechtsklarheit hat Vorrang
Doch auch die BGH-Richter hielten an der Pflicht zur Einhaltung der Klagefrist fest. Zwar bestätigten sie, dass es grundsätzlich möglich ist, dass Nießbraucher einer Eigentumswohnung selbst eine Anfechtungsklage erheben, wenn sie hierfür vom Eigentümer bevollmächtigt wurden. Aber die Klagefrist im Wohnungseigentumsrecht dient dazu, zeitnah Rechtsklarheit über die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zu erlangen. Daher müssen innerhalb der Klagefrist auch alle Umstände über die Prozessführungsbefugnis offengelegt werden. Denn nur dann können die anderen Wohnungseigentümer prüfen, ob der Beschluss eventuell wirksam angefochten oder ob er bestandskräftig wird. Da die Vollmacht erst nach Ablauf der Frist offengelegt wurde, musste die Klage scheitern.

Praxistipp
Am besten wird die Prozessführungsvollmacht gleich im Zuge der Einräumung des Nießbrauchsrechts erteilt. Denn wer weiß, wann ein Gemeinschaftsbeschluss angefochten werden muss und ob dann eine entsprechende Vollmacht innerhalb der einmonatigen Klagefrist erteilt werden kann. (2)

(1) BGH Urteil vom 27.11.2020 (V ZR 71/20)

(2) Das Urteil erging zwar noch vor der WEG-Reform, lässt sich aber unproblematisch auf das neue Recht übertragen, auch wenn die Klagefrist inzwischen in § 45 WEG geregelt ist und nicht mehr in § 46 WEG a.F.

Gerold Happ
Geschäftsführer Immobilien- und Umweltrecht Haus & Grund Deutschland

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