Postbank Wohnatlas: Aufpreise für energieeffizientes Wohnen ungleich verteilt

Gesetzliche Vorgaben und gestiegene Energiepreise rücken die energetische Effizienz beim Immobilienkauf stärker in den Fokus. Das zeigt der aktuelle Postbank Wohnatlas 2023. Für diese Studie haben Forscher des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) die Preisdifferenzen für energieeffizienten sowie sanierungsbedürftigen Wohnraum in Deutschland analysiert. Untersucht wurden Immobilienangebote aus dem Jahr 2022 in den 400 Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands.

Der Anteil der angebotenen Eigentumswohnungen, die in die untersten Energieeffizienzklassen fallen und – wenn es nach der EU geht – einer künftigen Sanierungspflicht unterliegen könnten, ist in Deutschland laut Studie sehr ungleich verteilt. In 72 Regionen wären drei von vier angebotenen Wohnungen bis 2033 von einer Sanierungspflicht betroffen, darunter 13 Großstädte, zehn Mittelstädte sowie 49 Landkreise. In 51 Regionen ist der Anteil an Eigentumswohnungen mit nicht sanierungspflichtigen Effizienzklassen hingegen hoch: Zwischen 40 und 50 Prozent der angebotenen Objekte hatten hier einen relativ hohen energetischen Standard. Geografisch liegen diese energetisch effizienten Angebote vor allem im süddeutschen Raum sowie in den neuen Bundesländern, was bei Letzteren unter anderem an dem hohen Bestand an inzwischen energetisch hervorragend sanierten Plattenbauten in vielen ostdeutschen Städten sowie einem höheren Anteil an neueren Gebäuden liegt.

Preisaufschläge regional unterschiedlich hoch

Insgesamt stellten die Forscher fest, dass energieeffiziente Gebäude in der Regel teurer sind als vergleichbare sanierungspflichtige Objekte. Das überrascht nicht, schließlich sind Eigentümer vorerst nicht von vorgeschriebenen Sanierungsmaßnahmen betroffen und sparen zudem Heizkosten. Sanierungspflichtige Immobilien sind entsprechend günstiger. In insgesamt 66 Regionen werden für Wohnungen, die bis zum Jahr 2033 nicht verpflichtend energetisch saniert werden müssen, Abschläge von mehr als 800 Euro je Quadratmeter aufgerufen. Darunter fallen 28 Regionen, in denen die Differenz sogar bei mindestens 1.000 Euro liegt. In 157 Regionen beträgt der Preisabschlag für sanierungspflichtige Wohnungen hingegen weniger als 500 Euro je Quadratmeter, in 109 Regionen liegt er sogar unter 400 Euro. Im Durchschnitt über alle Landkreise eines Bundeslandes bestehen die höchsten Differenzen in Schleswig-Holstein (819 Euro), die niedrigsten in Sachsen (123 Euro).

Sehr unterschiedlich sind die Preisdifferenzen auch in den sieben Großstädten: So liegt der Abschlag für sanierungspflichtige Immobilien in Stuttgart, das von den sieben größten deutschen Metropolen den geringsten Anteil an energieeffizienten Eigentumswohnungen bereithält, bei gerade einmal durchschnittlich 645 Euro pro Quadratmeter – dem geringsten Wert unter den sogenannten Big 7. In Frankfurt am Main hingegen beträgt die Preisdifferenz zwischen Angeboten mit und ohne Sanierungspflicht durchschnittlich 1.510 Euro. Die zweithöchste Differenz besteht mit durchschnittlich 1.392 Euro in Hamburg, dicht gefolgt von München, wo sanierungspflichtige Objekte 1.385 Euro pro Quadratmeter günstiger sind als vergleichbare energieeffiziente Wohnungen.

Lage schlägt Energieeffizienz

In den von den HWWI-Experten ermittelten Preisdifferenzen spiegeln sich also nicht nur die tatsächlichen Mehrkosten für eine Sanierung wider, sondern auch andere marktrelevante Faktoren spielen eine Rolle, allen voran die Lage. In vielen attraktiven Altstädten gibt es kaum Neubauten, und die energieeffizienten Gebäude stehen in weniger attraktiven Außenbezirken. Das erklärt, warum in zwölf Regionen Wohnungen, für die voraussichtlich eine Sanierungspflicht besteht, mehr kosten als Objekte mit Effizienzklasse D und besser – beispielsweise in Rostock. Dort sind Eigentumswohnungen in Gebäuden mit Effizienzklassen schlechter als D im Schnitt 792,13 Euro pro Quadratmeter teurer als energetisch effiziente Objekte.

Der Aufpreis für weniger energieeffiziente Eigentumswohnungen kann sich tatsächlich dann lohnen, wenn die Lage der Immobilie dies rechtfertigt, da sie ihren Wert auch künftig halten oder sogar steigern wird. Ansonsten ist ein geringfügig teurer Neubau womöglich die bessere Investition, wenn für Wohnungen älterer Baujahre tatsächlich irgendwann aufwendige energetische Sanierungen drohen. Hier können die erhobenen Daten des HWWI für Kaufinteressierte eine gute Möglichkeit bieten, um die Wahl zwischen einer energieeffizienteren Wohnung und einer Eigentumswohnung mit Verpflichtung zur energetischen Sanierung bis 2033 zu treffen. Allerdings ist es wichtig, im Einzelfall genau abzuwägen, inwiefern es sich lohnt, in einen Neubau zu investieren oder aber eine Bestandsimmobilie zu kaufen und gegebenenfalls selbst Sanierungsmaßnahmen durchzuführen oder in Auftrag zu geben. Die Aufwendungen können im konkreten Sanierungsfall sehr unterschiedlich sein. Hier sollte im Zweifel immer ein Experte zu Rate gezogen werden.

Sanierungspläne der EU

Die EU will mit einer Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD) dafür sorgen, dass Europa bis 2050 klimaneutral wird. Laut den Mindestenergiestandards (MEPS) drohen Sanierungspflichten für Wohngebäude in den schlechtesten Energieeffizienzklassen: So sollen alle Wohngebäude der niedrigsten Energieeffizienzklasse G bis zum Jahr 2030 die Energieeffizienzklasse E erreichen. Bis 2033 sollen alle Gebäude mindestens die Klasse D erreicht haben. Haus & Grund Deutschland schätzt, dass in Deutschland über sieben Millionen Eigenheime sowie rund 7,2 Millionen Wohnungen von den EU-Plänen betroffen wären. Rund 254 Milliarden Euro würde das Schätzungen der staatlichen Förderbank KfW zufolge für deutsche Eigentümer kosten. Noch verhandeln EU-Kommission, das Parlament und der Rat der Staats- und Regierungschefs über das Vorhaben. Kritik gegen den Sanierungszwang gibt es nicht nur von Haus & Grund Deutschland, sondern auch aus der Politik. Zuletzt rückte selbst die Bundesregierung – lange Zeit ein Mitinitiator und entschiedener Befürworter eines Sanierungszwangs – von dem Vorhaben ab.

Astrid Zehbe, Referentin Presse und Kommunikation Haus & Grund Deutschland

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