Online-Eigentümerversammlung: Was passiert bei technischen Problemen?

Das Amtsgericht München hat sich in seinem Urteil vom 27. April 2022 (1292 C 19128/21 WEG) unter anderem mit der Frage befasst, ob Übertragungsfehler den Fortgang einer Eigentümerversammlung hindern oder nicht.

Das Gericht entschied, dass ein Beschluss zur Online-Teilnahme auch dann noch ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, wenn er den Passus enthält, dass jeglicher Übertragungsfehler – gleich auf wessen Verantwortungsbereich dieser beruht – den Fortgang der Eigentümerversammlung nicht hindere. Der Online-Teilnehmer müsse in einem solchen Fall eben von einer anwesenden Person vertreten werden.

Online-Teilnahme an Eigentümerversammlung seit Dezember 2020 möglich
Seit der WEG-Reform 2020, die zum 1. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, kann die Gemeinschaft mit einfacher Mehrheit der anwesenden Eigentümer beschließen, dass die digitale Teilnahme und Ausübung aller Rechte an Eigentümerversammlungen gestattet wird. Dies soll es insbesondere weiter entfernt wohnenden Personen erleichtern, gestaltend an den Versammlungen teilzunehmen. Nicht selten scheitern solche Beschlüsse allerdings an technischen Fragen.

Eigentümer können digitale Teilnahme beschließen
Im entschiedenen Fall wollte ein Eigentümer den Beschluss der Eigentümerversammlung, die Online-Teilnahme an den Versammlungen zuzulassen, für ungültig erklären lassen. Begründet wurde der Antrag zum einen damit, dass der Verwalter ohne Absprache mit den Eigentümern selbstbestimmt die Software wählen dürfe. Zudem rügte er, dass die Eigentümerversammlung nach Vorgabe des Beschlusses weitergeführt werde, selbst wenn die online teilnehmenden Eigentümer aufgrund von Übertragungsfehlern ausgeschlossen sind.

Das Gericht positionierte sich zugunsten der Digitalisierung und entschied, dass der Beschluss über die digitale Teilnahme den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche.

Es sei Aufgabe des Verwalters, für die Organisation und Durchführung der Eigentümerversammlung zu sorgen. Darunter falle selbstverständlich auch die Wahl des Kommunikationsmittels sowie die Auswahl der nötigen Software. Eine Übertragung dieser Aufgaben auf einzelne Wohnungseigentümer sei lebensfremd, so der Richter.

Übertragungsprobleme wirken sich nicht auf Eigentümerversammlung aus
Letztlich sei es auch nicht zu beanstanden, dass ein technischer Fehler – selbst in der Sphäre der Beklagten – nicht zu einer Beendigungspflicht der Eigentümerversammlung führe. Das neue Wohnungseigentumsgesetz beinhalte, dass jede Eigentümerversammlung beschlussfähig ist. Würde ein Übertragungsfehler oder eine technische Unterbrechung zwangsläufig die Beendigung der Eigentümerversammlung bedeuten, liefe dies dem Willen des Gesetzgebers zuwider. Im Übrigen habe jeder Eigentümer die Freiheit zu entscheiden, ob er in digitaler Form oder persönlich an einer Eigentümerversammlung teilnehme.

Julia Wagner, Leiterin Zivilrecht Haus & Grund Deutschland

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