Neue Wohnungsgemeinnützigkeit: Der bessere Vermieter?

Vor 30 Jahren hat der Bundestag das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz abgeschafft. Die Ampel-Koalition will nun mit der sogenannten neuen Wohnungsgemeinnützigkeit das Fördersystem für den sozialen Wohnungsbau wiederbeleben. Ziel ist es, dauerhaft günstige Wohnungen anzubieten. Doch sind gemeinnützige Wohnungsunternehmen wirklich dazu geeignet, den politischen Auftrag des „bezahlbaren Wohnens“ zu erfüllen?

Mehr als ein Jahrhundert lang konnten Wohnungsunternehmen in Deutschland gemeinnützig sein. Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Geschichte der Wohnungsgemeinnützigkeit mit der Gründung von Baugesellschaften und Baugenossenschaften. Darauf folgten einheitliche Rechtsgrundlagen in Form von Verordnungen und Gesetzen. Dann aber stellte sich 1990 heraus, dass sich das Management des damals größten Wohnungsbaukonzerns Europas „Neue Heimat“ an den Mietern bereichert hatte. Zudem wurde Missmanagement bekannt. Der Konzern zerbrach, und die Wohngemeinnützigkeit wurde abgeschafft.

Charakteristika der Gemeinnützigkeit
Die Wohnungsgemeinnützigkeit war und soll auch in Zukunft durch wesentliche Festlegungen gekennzeichnet sein. Dazu gehören eine Gewinnbeschränkung, steuerliche Vorteile oder sogar Subventionen für entsprechende Gesellschaften, eine Begrenzung der Vermietung auf bestimmte Zielgruppen wie Transferleistungsempfänger oder Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins, eine Bauverpflichtung sowie die unbegrenzte Bindung der Wohnungen an den gemeinnützigen Zweck.

Hürden für Wohnungsbau bleiben bestehen
Die Wohnkosten steigen immer dann, wenn eine hohe Nachfrage auf ein geringes Angebot trifft. Dabei ist das geringe Angebot keineswegs darauf zurückzuführen, dass es zu wenige Bauwillige am Wohnungsmarkt gibt. Es fehlt vielmehr an ausreichenden Bauflächen sowie an qualifizierten Fachleuten und Handwerkern. Hohe Baupreise treiben wiederum Kauf- und Mietpreise in die Höhe, und zahlreiche planungsrechtliche Hemmnisse erschweren und verzögern den Bauprozess. Auch Wohnungsunternehmen in der neuen Gemeinnützigkeit können diese Probleme nicht einfach beiseitewischen.

Subventionen oder schlechte Bestände
Aktuelle Diskussionsentwürfe seitens der SPD und der Grünen sehen für gemeinnützige Wohnungen Mieten vor, die zehn bis 20 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bisher konnten kommunale Wohnungsunternehmen ihren Beitrag zur Finanzierung der Kommunen zwar leisten, künftig wären jedoch aufgrund der niedrigen Mieten sogar zusätzliche Subventionen erforderlich. Will man die ohnehin klammen Kommunalfinanzen nicht weiter belasten, würde es aber auf Kosten der Qualität der Bestände gehen, die Instandhaltung auf das Notwendigste zu reduzieren.

Gemeinnützigkeit nicht treffsicher
Fraglich ist, ob die Subventionen von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen überhaupt die Menschen erreichen, die Hilfe dringend nötig haben. Die Mieterstrukturen von Wohnungsunternehmen sind derzeit nicht nur auf Transferleistungsempfänger und Geringverdiener beschränkt. Auch dort mieten Besserverdiener, die nicht auf staatlich geförderte Wohnungen angewiesen sind. Eine milliardenschwere Förderung zeichnet sich ab, die nicht bei denen ankommt, die sie benötigen.

Neue Wohnungsgemeinnützigkeit ist kontraproduktiv
Der deutsche Mietwohnungsmarkt ist im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern qualitativ sehr hochwertig und steht allen Einkommensschichten offen. Stadtviertel mit geringer sozialer Durchmischung und einem niedrigen Grad der Instandsetzung, wie sie sich in Quartieren der neuen Wohnungsgemeinnützigkeit abzeichnen, sind hierzulande das Sinnbild einer misslungenen Stadtentwicklung. Um derartige städtebauliche Fehlentwicklungen zu korrigieren, geben Bund, Länder und Kommunen jedes Jahr bereits Milliardenbeträge aus. Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit läuft hier Gefahr, wichtige wohnungspolitische Ziele nicht nur zu verfehlen, sondern sie auch zu gefährden.

Fazit

Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit wird keinen Beitrag zur Entspannung des Wohnungsmarktes leisten – sie schafft mehr Probleme als sie löst. Es braucht ein attraktives Anreizsystem, das allen Vermietertypen offensteht und günstig vermieteten Wohnraum beispielsweise steuerlich honoriert. So kann aus dem vollen Potenzial des Wohnungsmarktes geschöpft werden.

Matthias zu Eicken, Referent Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik Haus & Grund Deutschland

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