Mieterstrom: Ist der Vorsteuerabzug zulässig?

Das Finanzgericht Niedersachsen bejahte diese Frage kürzlich, da es die Stromlieferung als eine selbständig neben der Wohnraumvermietung stehende Leistung anerkannte.

Wohnraummietverhältnisse sind bekanntlich umsatzsteuerfrei. Es kann bei ihnen auch nicht – wie beim Gewerbemietvertrag – freiwillig eine Umsatzbesteuerung gewählt („zur Umsatzsteuer optiert“) werden. Für einen Vermieter wäre es aber unter Umständen besser, den von ihm durch eine Photovoltaikanlage bereitgestellten Mieterstrom als eine selbständige Zusatzleistung der Umsatzsteuer unterwerfen zu dürfen. Denn dann könnte er die Vorsteuer aus den ihm selbst im Zusammenhang mit der Stromerzeugung entstehenden Kosten herausrechnen.

Kläger macht Vorsteuer geltend
In dem jetzt in erster Instanz vom Finanzgericht Niedersachsen (Urteil vom 25. Februar 2021, 11 K 201/19) entschiedenen Fall vermietete der Kläger mehrere Wohnungen. Auf dem Dach der Mietshäuser hatte er Photovoltaikanlagen installieren lassen und lieferte den dort erzeugten Strom an seine Mieter zu einem marktüblichen Preis. Die jährliche Abrechnung erfolgte über einzelne Zähler mit einer individuellen Abrechnung für jeden Mieter. Grundlage hierfür war eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag, in der unter anderem geregelt war, dass der Stromlieferungsvertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden kann. Die Vorsteuer aus den vom Kläger selbst zu zahlenden Rechnungen des Photovoltaikanlage-Installationsbetriebs machte er umsatzsteuermindernd geltend.

Unterschiedliche Auffassungen von Finanzamt und Finanzgericht
Das Finanzamt aber versagte den Vorsteuerabzug mit dem Argument, die Stromlieferung sei eine unselbständige Nebenleistung zu der stets umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung. Das Finanzgericht Niedersachsen jedoch entschied zugunsten des Klägers. Es sah seine Stromlieferung als eine selbständig neben der Wohnraumvermietung stehende Leistung an. Indiz dafür sei vor allem, dass die Verbrauchsmenge individuell mit den Mietern abgerechnet wird und die Mieter die Möglichkeit haben, den Stromanbieter frei zu wählen. Dagegen spricht nach Auffassung des Finanzgerichts auch nicht die Kostenklausel, die den Mieter verpflichtet, beim Anbieterwechsel weg vom Vermieter hin zu einem anderen Anbieter, die Umbaukosten zu tragen. Diese Kostenpflicht erschwere den Wechsel zwar, mache ihn aber keinesfalls unmöglich.

Fazit
Das Finanzgericht Niedersachsen liegt auf einer Linie mit einem ähnlichen Fall aus Polen, den der Europäische Gerichtshof 2015 entschieden hat (EuGH, Urteil vom 16. April 2015, C-42/14). Eine deutsche höchstrichterliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs gibt es zu dieser Frage aber noch nicht. Daher hat das Finanzgericht die Revision zugelassen.

Sibylle Barent
Leiterin Steuer- und Finanzpolitik Haus & Grund Deutschland

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