Krise des Immobilienmarktes oder der Politik?

Hohe Zinsen und explodierende Baupreise haben den Wohnungsmarkt und -neubau nahezu zum Erliegen gebracht. Die Entwicklung zeichnet einen geradezu lehrbuchhaften Zyklus nach – mit dem Unterschied, dass das Angebot einbricht, noch bevor die bestehende Nachfrage nach Wohnraum gedeckt worden ist. Während es am Immobilienmarkt zumindest mittelfristig wieder aufwärtsgehen dürfte, wird eine handfeste soziale Krise bleiben.

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 295.300 Wohnungen gebaut. Gemessen an den 400.000 Wohneinheiten, die als Neubau-Zielgröße in jedem Regierungsjahr der Ampelregierung erreicht werden sollen, fehlen also über 100.000 Wohnungen. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) erwartet, dass 2023 lediglich rund 245.000 Wohnungen fertiggestellt werden.

Bevölkerungswachstum – die kommende Nachfrage

Gleichzeitig teilt das Statistische Bundesamt mit, dass zum Jahresende 2022 gut 84,4 Millionen Personen in Deutschland lebten. Damit ist die Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2022 um 1,3 Prozent gewachsen. Prognosen der Deutschen Bank zufolge wird die Bevölkerungszahl bis 2030 auf nahezu 86 Millionen Menschen anwachsen. Während das Wohnraumangebot einbricht, vergrößert sich der Kreis derer, die Wohnraum nachfragen.

Politik verschärft die Krise, anstatt gegenzusteuern

Was die Bundesregierung dagegensetzt, reicht nicht aus. So haben nach einem Monat Laufzeit des neuen Wohneigentumsprogramms für Familien gerade mal eine einstellige Zahl von Haushalten eine Förderung beantragt, wie aus Kreisen der staatseigenen KfW-Bank bekannt wird. Haus & Grund sowie andere Verbände hatten die Förderkriterien und -summen massiv kritisiert. Die Bundesregierung plant unterdessen, den Kostendruck sogar noch weiter zu erhöhen: Die Pflicht zum Heizungstausch bis 2045 und weitere staatliche Anforderungen an die Gebäude werden die Preise fürs Wohnen weiter in die Höhe treiben. Die anstehende Novelle des Baugesetzbuches lässt befürchten, dass der Bodenmangel weiter forciert wird, indem die Politik lieber in die Eigentumsrechte eingreift, anstatt Bauland zu schaffen.

Wohnungsknappheit wird sich verschärfen

Die Folgen dieser Entwicklungen sind vor allem für Wohnungssuchende brisant. Haushalte, die es sich noch leisten können, werden der Verknappung und Verteuerung von Mietwohnungen aus dem Weg gehen. Entweder, indem sie zu Eigentümern werden – auch wenn es nicht gleich die Traumimmobilie sein muss – oder aber durch Umzug in günstigere Regionen. Aber selbst Gutverdiener und Vermögende werden am Immobilienmarkt zögern und umso mehr als solvente Nachfrager am Mietwohnungsmarkt auftreten. Der Wohnungsmangel dürfte vor allem in urbanen Gebieten spürbar zunehmen.

Fazit

Die lange Phase niedriger Zinsen hat steigende Anforderungen an Immobilien und stetig steigende Baupreise für viele Haushalte finanzierbar bleiben lassen. Damit ist es nun vorbei. Politik kann fundamentale Faktoren wie die Zinsen nur schwer beeinflussen. Umso wichtiger ist es, dass die Politik die sich widersprechenden Ziele von Bezahlbarkeit und Anforderungen an den Gebäudebestand priorisiert und ihre Wohnungspolitik entsprechend gestaltet.

Matthias zu Eicken, Leiter Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik Haus & Grund Deutschland

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