Klimaschutz mit der Brechstange scheitert

Carina Konrad, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, gibt im Interview Einblicke zur Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), das im September vom Bundestag verabschiedet wurde.

Die Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP haben sich Ende Juni auf ein neues Heizungsgesetz geeinigt – unter hohem Druck und mit viel Kritik. Wie zufrieden sind Sie mit dem Gesetz, wie es nun verabschiedet werden soll?

Das Gesetz ist nun ein gutes Gesetz. Es war notwendig, das Gesetz in der Sache um 180 Grad zu drehen. Der Prozess war allerdings schlecht: Es musste zu lange und zu öffentlich verhandelt werden, um sich gemeinsam als Koalitionsfraktionen auf ein praxistaugliches Gesetz zu einigen. Das hat die Menschen in Deutschland aus guten Gründen sehr beschäftigt. Solch ein Gesetzgebungsverfahren darf sich deshalb nicht wiederholen. Doch letztlich kann sich das Ergebnis sehen lassen. Wirtschaftlichkeit und Technologieoffenheit sind jetzt gut verzahnt mit ökologischen und sozialen Aspekten. Die kommunale Wärmeplanung wird zum Ausgangspunkt; die wirtschaftliche Machbarkeit beim Heizungstausch ist durch ausreichende Übergangszeiträume und ergänzende Förderungen gewährleistet.

Ich bin froh, dass wir als Freie Demokraten dabei im parlamentarischen Prozess entscheidend mitwirken und Eigentumseingriffe abwenden konnten. Die letzten Wochen haben gezeigt, dass Klimaschutz mit der Brechstange scheitert und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden kann. Daraus sollten alle lernen und zukünftig nicht nur ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch die soziale und die ökonomische Nachhaltigkeit sofort mitdenken.

Wo konnte sich die FDP mit ihren Vorstellungen durchsetzen – und wo nicht?

Für uns Freie Demokraten wäre ein echter Emissionshandel unter Einbeziehung aller Sektoren das wirksamste und nachhaltigste Instrument, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Doch für diesen marktwirtschaftlichen Weg gibt es derzeit keine parlamentarischen Mehrheiten. Das GEG selbst musste deshalb aus unserer Sicht eng mit der kommunalen Wärmeplanung verzahnt, mit wenigen ordnungspolitischen Vorgaben, langen Übergangszeiträumen und wirklich technologieoffen ausgestaltet werden – und das ist gelungen.

Das Ziel ist, CO2 im Gebäudesektor einzusparen. Jede Maßnahme, die dazu geeignet ist, muss auch umgesetzt werden können. Ordnungsrechtliches Klein-Klein ist am Ende viel zu teuer. Deshalb haben wir alle bürokratischen Vorgaben aus dem Gesetz gestrichen, die über die bisherigen Nachhaltigkeitsanforderungen an Heizungssysteme hinausgehen sollten.

Welche sind die größten Herausforderungen, die Sie mit dem neuen Heizungsgesetz erwarten – für Eigentümer, aber auch Kommunen?

Die Arbeit liegt zunächst bei den Kommunen. Doch vorher liegt sie bei uns und den Ländern als Gesetzgeber, denn die Voraussetzungen für die kommunale Wärmeplanung müssen ja erst noch festgelegt werden, damit sie zeitgleich mit dem Gebäudeenergiegesetz in Kraft treten können.

Wenn der Staat seine Hausaufgaben gemacht hat, haben die Gebäudeeigentümer die notwendige Klarheit. Gibt es Wärme- und Gasnetze, die zukünftig klimaneutral betrieben werden oder nicht? Daran können die Menschen dann ihre Investitionsentscheidungen ausrichten. Ich finde, das sind dann Regelungen, die Planbarkeit und Finanzierbarkeit beim Heizungstausch gewährleisten.

Wie kann und wird die Politik hier unterstützen, um diese Herausforderungen zu meistern?

Es gilt der Grundsatz: Nur wer günstig und effizient baut, kann auch günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen. Und nur wenn Vermieter Investitionen realisieren können, können Mieter von modernisierten Wohnungen profitieren. Aus diesem Grund haben wir spürbare Handlungsspielräume für Vermieter im Rahmen der neuen Modernisierungsumlage in Höhe von 10 Prozent geschaffen. Die Kappung von 50 Cent pro Quadratmeter gilt ausdrücklich nur für die reine Heizungstechnik. Darüber hinaus bleiben die Umlagemöglichkeiten voll bestehen.

Wir wollen die Menschen bei den Herausforderungen, die die Umsetzung des GEG mit sich bringt, natürlich nicht alleinelassen. Daher haben wir uns mit unseren Koalitionspartnern darauf geeinigt, dass es Grundförderungen und Boni für den Einbau neuer Heizungsanlagen mit einem Mindestfördersatz von 30 Prozent geben soll. Außerdem soll es Zuschussförderungen für Effizienzmaßnahmen und ein ergänzendes Kreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau geben.

Zusätzlich zu den Investitionskostenzuschüssen sollen zinsvergünstigte Kredite mit langen Laufzeiten und Tilgungszuschüsse für Heizungstausch oder Effizienzmaßnahmen angeboten werden, die allen Bürgerinnen und Bürgern bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 90.000 Euro zustünden. Diese Kredite sollen möglichst allen Menschen offenstehen, die beispielsweise aufgrund von Alter oder Einkommen auf dem regulären Finanzmarkt keine Kredite erhalten würden. Der Bund stellt dafür die Übernahme des Ausfallrisikos sicher.

Die FDP hat stets versucht, eine Lösung zu finden, die sich vornehmlich auf den Emissionshandel stützt, um im Heizungsgesetz grundsätzlich auf Verbote und Vorschriften verzichten zu können. Eine Idee war, den nationalen Emissionshandel für den Gebäude- und den Verkehrssektor von 2026 auf 2024 vorzuziehen. Wie soll es hier nun weitergehen?

Wir Freie Demokraten sehen im marktbasierten Emissionshandel das effektivste und wettbewerbsfähigste Instrument zur Senkung der Emissionen. Über den Emissionshandel auf europäischer Ebene erreichen wir unsere Klimaziele sicher. Daher wollen wir für mehr Klimaschutz die Erfolgsgeschichte des Emissionshandels auch fortsetzen.

Die Kosten für den Betrieb klimaschädlicher Heizungen werden wahrscheinlich im Laufe der Zeit steigen. Und das sendet an Haushalte wie Unternehmen das marktwirtschaftliche Signal, dass klimafreundliche Technologien die sinnvollere Lösung sind.

Wir haben daher vorgeschlagen, einen nationalen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr bereits ab 2024 einzuführen, um diese Wirkung schneller zur Entfaltung zu bringen. Für die Bürgerinnen und Bürger gäbe es dann einen fairen Anreiz, Emissionen auch beim Heizen und im Verkehr einzusparen. Dieser Weg ist leider derzeit nicht mehrheitsfähig.

Das Interview führte Astrid Zehbe, Referentin Presse und Kommunikation Haus & Grund Deutschland

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