KfW-Energiewendebarometer: Es hapert am Finanziellen

Der Gebäudebestand in Deutschland soll bis 2045 treibhausgasneutral werden, so das ambitionierte Ziel der Politik. Um dies zu erreichen, strebt die Bundesregierung immer höhere Anforderungen und Standards für energetische Neubauten und Bestandssanierungen an. Doch viele Eigentümer und private Vermieter können die immensen Investitionen einfach nicht stemmen. Das zeigt auch das aktuelle Energiewendebarometer der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Wohngebäude sind ein wichtiger Faktor auf dem angestrebten Weg zur Klimaneutralität, heißt es immer wieder. Tatsächlich konnte der Gebäudesektor seine Treibhausgasemissionen seit 1990 fast halbieren. Doch das ist nicht genug. Um das im Klimaschutzgesetz definierte Sektorziel für das Jahr 2030 zu erreichen, müssen die jährlichen Anstrengungen noch einmal verdoppelt werden, wie eine aktuelle Analyse von KfW Research zeigt.

Hierfür hat KfW Research auf Basis des repräsentativen KfW-Energiewendebarometers den energetischen Zustand des Gebäudebestands festgestellt und ermittelt, welche Haushalte in den Häusern mit dem größten Sanierungsbedarf wohnen.

Haushalte mit niedrigem Einkommen leben in älteren Immobilien
Zu den zentralen Ergebnissen der Studie gehört, dass einkommensschwächere Haushalte häufig in älteren Gebäuden leben. Die bewohnten Gebäude sind bei der einkommensschwächsten Gruppe rund 16 Jahre älter als bei der einkommensstärksten.

Mit Blick auf das Gebäudealter gibt es zudem ein Stadt-Land-Gefälle. Der Anteil der nach 1979 gebauten Gebäude ist im ländlichen Raum deutlich höher als in Städten – Neubaugebiete werden primär in ländlichen Regionen erschlossen, wo die benötigten Flächen dafür vorhanden sind.

Klarer Zusammenhang zwischen Dämmzustand und Gebäudealter
Entscheidend für die Energiebilanz eines Gebäudes ist sein Dämmzustand – ob zum Beispiel Außenwand, Dach und Kellerdecke gedämmt sind. Die KfW-Analyse zeigt, dass zwischen Gebäudealter und Dämmzustand ein klarer Zusammenhang besteht. Gebäude, bei denen mehrere Bereiche gedämmt sind, sind deutlich jünger als die restlichen Gebäude. So sind die am besten gedämmten Gebäude im Schnitt mehr als 30 Jahre jünger als die am schlechtesten gedämmten. Zudem zeigt sich, dass einkommensschwächere Haushalte – Eigentümer genauso wie Mieter – in schlechter gedämmten Gebäuden als einkommensstarke Haushalte leben.

Sanierungen scheitern aus finanziellen Gründen
In erster Linie scheiterten Sanierungen bislang aus finanziellen Gründen. Rund 25 Prozent der im KfW-Energiewendebarometer befragten Haushalte gaben an, sich eine neue Dämmung nicht leisten zu können; bei Fenstern waren es sogar 30 Prozent. Die entsprechenden Anteile bei Photovoltaik und Solarthermie liegen zwischen diesen beiden Werten.

Immer mehr Haushalte nutzen Energiewendetechnologien
Dabei sind Eigentümer alles andere als untätig: Immer mehr Haushalte nutzen Energiewendetechnologien. Im Jahr 2021 waren es rund 29 Prozent, die mindestens eine Technologie wie Photovoltaik, Solarthermie, Batteriespeicher, Wärmepumpe, Kraft-Wärme-Kopplung, Holzpelletheizung oder ein Elektroauto nutzten. Weitere 13 Prozent planten eine Anschaffung für 2022 – Tendenz steigend. Nicht verwunderlich ist, dass zu den Nutzern dieser Technologien vor allem einkommensstarke Haushalte zählen.

Dringend gesucht: finanzielle Anreize und eine verlässliche Förderlandschaft

Viele Eigentümer möchten gerne sanieren, können es sich aber schlichtweg nicht leisten. Dies gilt vor allem für weniger finanzstarke Eigentümer, etwa junge Familien, die vielleicht noch den Kredit für das Eigenheim bedienen oder Rentner, die gar keinen mehr gewährt bekommen. Und selbst wer zum Beispiel gerade noch so eine Fassadendämmung finanzieren kann, der hat die alten Fenster noch nicht ausgetauscht, geschweige denn eine neue Heizungsanlage auf Basis erneuerbarer Energien eingebaut. Vor ähnlichen finanziellen Herausforderungen stehen private Vermieter vor allem von älteren sanierungsbedürftigen Immobilien, die zu geringen Preisen an – meist einkommensschwächere – Haushalte vermietet sind. Meist lassen sich die nötigen Investitionen durch die Mieteinnahmen nicht decken. Dies gilt umso mehr in Zeiten steigender Material- und Handwerkerpreise, einer hohen Inflation und einer Mehrbelastung durch die gestiegenen Energiekosten.

Die Überforderung verstärkt sich dadurch, dass Eigentümer zu wenig Planungssicherheit hinsichtlich gesetzlicher Vorgaben und der staatlichen Förderlandschaft haben. So werden regelmäßig höhere Standards für energetische Neubauten und Bestandssanierungen festgelegt, für die es dann keine staatliche Förderung mehr gibt.

Im Neubau wird zum Beispiel nur noch das Effizienzhaus 40 gefördert, wenn es zusätzlich über ein Qualitätssiegel ,Nachhaltiges Gebäude‘ verfügt; die Förderung für das Effizienzhaus 55 und 40 ohne Nachhaltigkeitszertifikat wurde ohne große Vorwarnung abgeschafft. Bereits ab 2025 soll auch das nachhaltige Effizienzhaus 40 zum Mindeststandard werden und damit die Förderung auslaufen. Für Sanierungen von Bestandsimmobilien gilt derzeit noch der Mindeststandard Effizienzhaus 115, gefördert wird ab Effizienzhaus 85 abwärts. Ausnahmen gibt es nur bei denkmalgeschützten Gebäuden. Bereits ab 2024 sollen bei wesentlichen Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden die auszutauschenden Teile dem Standard Effizienzhaus 70 entsprechen.

Zudem laufen Fördertöpfe regelmäßig leer; wann sie wieder aufgestockt werden, ist meist ungewiss. Ein kompletter Förderstopp, wie es ihn im vergangenen Jahr gab, ließ angehende Bauherren und Sanierer verunsichert zurück. Bauvorhaben wurden folglich verschoben oder blieben ganz auf der Strecke. Und überhaupt: Die konkreten Förderbedingungen ändern sich derzeit alle paar Monate. Dabei den Überblick zu behalten, überfordert nicht nur private Vermieter, sondern auch den einen oder anderen Experten.

Hilfreich wäre hingegen eine solide und zuverlässige Förderlandschaft, die insbesondere auf private Vermieter mit sanierungsbedürftigen Immobilien abzielt. Ein wirkungsvoller Hebel wäre auch eine stärkere steuerliche Entlastung privater Vermieter, die künftig sanieren möchten und dafür Geld ansparen müssen.

Immer striktere gesetzliche Vorgaben hinsichtlich energieeffizienter Anforderungen und eine mietrechtliche Regulierungswut werden nicht zum gewünschten Ergebnis führen, den Gebäudebestand klimaneutral zu gestalten.

Anna Katharina Fricke, Referentin Presse und Kommunikation Haus & Grund Deutschland

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