Kann ein laufendes Darlehen vorzeitig beendet werden?

Wer einen Immobilienkredit bei einer Bank abschließt, vereinbart in der Regel auch eine Zinsbindung über mehrere Jahre. Das bedeutet: Ein Immobilienkredit muss bis zum Ende der festgelegten Vertragsdauer laufen. Doch es gibt einige Ausnahmen – zum Beispiel, wenn die Immobilie verkauft werden soll.

Die festgelegte Zinsbindung bei einem Immobilienkredit ermöglicht einerseits dem Kreditnehmer eine langfristige Ratenplanung. Auf der anderen Seite sichert sie auch der Bank Einnahmen über einen festgelegten Zeitraum. Möchte der Darlehensnehmer den Kredit dennoch vor Ablauf der Zinsbindungsfrist zurückzahlen, würde die Bank einen Teil ihrer zukünftigen Zinseinnahmen verlieren. Daher verlangen Banken in solch einem Fall häufig eine Entschädigung in Form einer Vorfälligkeitsgebühr.

Berechtigtes Interesse muss vorliegen
Um einen Darlehensvertrag vorzeitig zu kündigen, müssen allerdings zunächst bestimmte Bedingungen vorliegen. Eine vorzeitige Beendigung des Immobilienkredits ist nur dann zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Kreditnehmer die Immobilie verkaufen möchte – ohne die Immobilie ist der Kredit nämlich nicht mehr grundpfandrechtlich abgesichert. Wer dagegen aufgrund von günstigeren Konditionen über eine Umschuldung nachdenkt, ist auf die Kulanz seiner Bank angewiesen. Denn Banken sind in diesem Fall nicht gesetzlich verpflichtet, einer Auflösung des Darlehensvertrags zuzustimmen. Sollte die Bank mit der vorzeitigen Beendigung des Kredits einverstanden sein, wird in der Regel die Vorfälligkeitsentschädigung fällig.

Vorfälligkeitsentschädigung als Option
Die Höhe der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung berechnet sich aus verschiedenen Faktoren, zum Beispiel der Höhe der Restschuld, der Restlaufzeit, dem vereinbarten Sollzins und dem aktuellen Zinsniveau. Je nachdem, wie lange die Zinsbindung noch läuft und wie hoch der vereinbarte Zinssatz ist, kann die Entschädigung sehr hoch ausfallen. Daher müssen Darlehensnehmer sich genau überlegen, ob sich eine Umschuldung oder vorzeitige Tilgung wirklich lohnt. Auch steuerliche Aspekte sollten in die Überlegung miteinbezogen werden. Bei Anlageimmobilien kann die Vorfälligkeitsentschädigung nämlich in der Regel als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Übrigens: In seiner Entscheidung vom 9. September 2021 (C 33/20, C 155/20 und C 187/20) stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar, welche Voraussetzungen seitens der Banken erfüllt sein müssen, um ihre Darlehensnehmer ausreichend über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu informieren. Darlehensverträge müssen die Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung enthalten und diese muss zudem für den Durchschnittsverbraucher leicht nachvollziehbar sein. Dieser muss die Höhe der Entschädigung mithilfe der Angaben im Kreditvertrag selbst bestimmen können. Bei Verstoß gegen die Informationspflicht verliert die Bank den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung.

Weitere Optionen bei Verkauf
Vermeidbar kann die Zahlung des Vorfälligkeitsentgelts sein, wenn die Immobilie verkauft wird. Dafür kommen zwei Möglichkeiten infrage: der Pfandtausch oder der Schuldnertausch. Wer sein kreditfinanziertes Haus verkauft und eine neue Immobilie erwerben möchte, kann den Kredit nach Rücksprache mit der Bank auch beibehalten und auf eine neue Immobilie übertragen. Die zweite Variante ist der sogenannte Schuldnertausch. Hierbei übernimmt der neue Eigentümer der Immobilie – mit Zustimmung der Bank – den bestehenden Kreditvertrag zu den eventuell gleichen Konditionen.

Sonderkündigungsrecht
Es gibt eine grundsätzliche Ausnahme, in denen das Darlehen vorzeitig beendet wird und die Bank dennoch keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf: das Sonderkündigungsrecht nach § 489 Absatz 1 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Demnach steht dem Kreditnehmer nach einer Kreditlaufzeit von zehn Jahren ein gesetzlich festgeschriebenes Sonderkündigungsrecht zu – unabhängig davon, wie lange die Zinsbindungsfrist noch läuft. Es muss allerdings eine Kündigungsfrist von sechs Monaten eingehalten werden.

Anna Katharina Fricke, Referentin Presse und Kommunikation Haus & Grund Deutschland

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