Heizen mit 65 Prozent erneuerbarer Energie: Das könnte auf Eigentümer ab 2024 zukommen

Anfang März 2023 ist ein erster Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) bekanntgeworden. Dieser soll ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag der Ampelregierung umsetzen: die Pflicht zur Nutzung von 65 Prozent erneuerbarer Energie bei neuen Heizungen und ein Betriebsverbot für Gas- und Ölheizungen. Doch die Regelungen sind kaum praxisgerecht und würden viele Eigentümer finanziell überfordern.

Haus & Grund ist es gelungen, über die Medien und in Gesprächen mit Abgeordneten auf die drohenden sozialen Auswirkungen und die wenig praxisgerechten Regelungen für private Eigentümer hinzuweisen. Daraufhin hat sich die Ampelkoalition Ende März auf einen Kompromiss geeinigt und mehr Ausnahmen, längere Übergangsfristen und finanzielle Unterstützung versprochen. Ein neuer Gesetzentwurf soll im April im Kabinett und vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden.

Mit 65 Prozent erneuerbarer Energie heizen

Eigentümer, die ab dem kommenden Jahr eine neue Heizung benötigen, dürfen ihren alten Heizkessel nicht einfach gegen ein neues effizienteres Gerät ersetzen. Sie müssen entweder gänzlich auf eine neue Technologie (Fernwärme, Wärmepumpe, Biogas, Wasserstoff oder Biomasse) umstellen oder diese zusätzlich mit einem Anteil von 65 Prozent am Gesamtverbrach zu einer Gas- oder Ölheizung installieren. Es steht ihnen zwar prinzipiell frei, mit welcher Technologie sie diese Pflicht erfüllen wollen, doch viele der vorgesehenen Optionen werden im konkreten Fall nicht oder nicht ohne weitere Voraussetzungen umsetzbar sein.

Wärmepumpen

Sie funktionieren überall dort, wo bereits eine Fußbodenheizung installiert ist. Denn um effizient zu sein, brauchen Wärmepumpen vor allem eine geringe Vorlauftemperatur. Doch die Preise für Wärmepumpen überschreiten um das Drei- bis Vierfache die Kosten einer modernen Brennwertheizung. Sie bringen bei einer entsprechend hohen Jahresarbeitszahl (JAZ) eine Ersparnis von etwa einem Viertel der ursprünglich benötigten Energie, verursachen aber wegen des dreifachen Strompreises (36 Cent pro Kilowattstunde, kurz Ct/kWh) im Vergleich zum Erdgaspreis (12 Ct/kWh) am Ende mehr Heizkosten.

Hybridheizung oder Wärmedämmung

In unzureichend gedämmten Häusern mit herkömmlichen Heizkörpern können Wärmepumpen nur in Verbindung mit einer fossilen Heizung den nötigen Wärmebedarf an kalten Wintertagen decken. Hier kommen zur teuren Wärmepumpe zusätzlich die Kosten für ein neues Brennwertgerät nebst neuem Schornstein zum Tragen. Um eine Wärmepumpe allein zu betreiben, sind zusätzliche Maßnahmen nicht nur an der Gebäudehülle, sondern auch an der Heizungsanlage erforderlich. So müssen beispielsweise größere Heizkörper eingebaut werden. Insgesamt würden dabei Kosten von mehreren 100.000 Euro entstehen, welche sich angesichts der geltenden Kappungsgrenzen bei der Modernisierungsmieterhöhung und wegen der Härtefallregelungen wohl kaum auf die Mieter umlegen lassen.

Anschluss an ein Wärmenetz

Eigentümer, deren Gebäude an ein Fernwärmenetz angeschlossen sind, brauchen nichts zu tun. Fernwärme gilt als Erfüllungsoption, ganz gleich ob die Wärme aus fossilen Energieträgern (Kohle, Gas oder Heizöl) oder bereits mit erneuerbarer Energie erzeugt wird. Auch der sofortige Anschluss an ein vorhandenes Netz oder die Bereitschaft, an ein geplantes Wärmenetz anzuschließen, gilt als erfüllte Pflicht. Unterstellt wird, dass die Fernwärme vom jeweiligen Energieversorger auf erneuerbare Energien umgestellt werden kann. Fest steht, dass noch viel mehr Wärmenetze in dicht besiedelten Quartieren entstehen müssen, um Haus- beziehungsweise Wohnungseigentümer und Mieter nicht zu überfordern. Doch die Wärmeplanung lässt ja bekanntlich noch bis 2030 auf sich warten – bis dahin werden viele Eigentümer zum Handeln gezwungen sein.

Biomasse, Biogas und Wasserstoff

Mit einem Biomassekessel oder dem Bezug von Biogas oder Wasserstoff für die Gasbrennwertheizung lässt sich ebenfalls die Pflicht im Bestand erfüllen. Doch wegen der begrenzt zur Verfügung stehenden Biobrennstoffe und des kaum verfügbaren Wasserstoffs ist eine Preisexplosion nicht auszuschließen. Vermieter werden nach den bisher geplanten Regelungen verpflichtet, die Mehrkosten zum herkömmlichen Energiepreis für den Verbrauch ihrer Mieter zu übernehmen. Damit würden vermietende Eigentümer ein kaum kontrollierbares Risiko tragen.

Gasetagenheizungen und Einzelöfen

Auch Gasetagenheizungen und Einzelöfen sind bisher von der Pflicht nicht ausgenommen. Eigentümer und Betreiber erhalten nur mehr Zeit: drei Jahre, um zu entscheiden, ob zukünftig zentral oder weiterhin dezentral geheizt werden soll, und nochmals drei Jahre zur Umsetzung. Nach den heutigen technologischen Möglichkeiten läuft es auf die Umstellung auf eine Zentralheizung mit erneuerbarer Energie hinaus, da bisher keine dezentralen Geräte auf Basis erneuerbarer Energien marktfähig sind.

Betriebsverbot für fossile Heizungen

Zu guter Letzt sollen alle fossilen Heizungen spätestens bis zum 31. Dezember 2044 außer Betrieb gehen. Das betrifft dann auch die als Hybridheizung genutzten Brennwertgeräte, wenn sie nicht mit Biogas oder Wasserstoff weiterbetrieben werden können. Deutschland will im Jahr 2045 treibhausgasneutral sein.

Fazit

Die Bundesregierung muss bei den Regelungen nachjustieren, sonst wird der Härtefall zum Regelfall und die Energiewende ausgebremst. Die Voraussetzungen müssen stimmen: Eigentümer brauchen wegen der hohen Investitionen langfristig Verlässlichkeit. Für Haus- und Wohnungseigentümer sowie Mieter müssen Wohnungen erschwinglich bleiben. Industrie und Handwerk müssen vergleichbar der Brennwertheizung Technologien auf den Markt bringen, die den Praxistest überstehen. Förderung muss dort ansetzen, wo sie sozial nötig ist und nicht dort, wo sie die Taschen einzelner Akteure füllt. Vor allem ist mehr Zeit erforderlich, damit die Kommunen ihre Wärmepläne erstellen, Strom- und Gasversorger ihre Infrastrukturen zukunftsfähig machen und Eigentümer mit hinreichend Vorlauf die Sanierung ihrer Gebäude planen können. Damit die Wärmewende mit den Bürgern – Eigentümern und Mietern – und nicht gegen sie erfolgt, brauchen wir den Austausch vor Ort: in den Kommunen und innerhalb der Quartiere. Denn in vielen Fällen werden nur gemeinschaftliche Lösungen zum Ziel führen und die Energiewende bezahlbar machen.

Was Haus & Grund erreicht hat und noch erreichen will

  • Seit 2020 gilt das GEG. Damit ist eine seit Langem von Haus & Grund geforderte Maßnahme umgesetzt worden: die Vereinheitlichung des vormaligen Energieeinsparrechts bestehend aus Energieeinspargesetz (EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG).
  • Gleichzeitig konnte Haus & Grund verhindern, dass sich die Anforderungen an den Gebäudebestand weiter verschärfen. Bis heute gelten bei der Sanierung die Anforderungen der EnEV 2014.
  • Auch die Nachrüstpflichten orientieren sich an der wirtschaftlichen Machbarkeit und sind nicht erweitert worden.
  • Energieausweise sind zwar um zusätzliche Angaben wie Effizienzklasse und CO2-Ausstoß ergänzt worden. Bis dato ist trotz anderweitiger Forderungen der Verbrauchsausweis als verlässliches Dokument für die Bewertung der Effizienz eines Gebäudes und die Beurteilung der wirtschaftlichen Umsetzung einer Sanierung erhalten geblieben.
  • Haus & Grund setzt sich im Ringen um die Erreichung der Klimaziele für weniger Regulierung und mehr Marktwirtschaft ein. Eigentümer sollen auch eigene Ideen umsetzen dürfen, um ihren Energieverbrauch zu senken. Dazu kann der Emissionshandel im Gebäudebereich beitragen. Die Bürger müssen bei steigenden CO2-Preisen durch ein Klimageld entlastet werden, welches sich aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung finanziert.

Corinna Kodim, Geschäftsführerin Energie, Umwelt, Technik Haus & Grund Deutschland

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