Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Rügen zu hoher Mieten

Das Bundesverfassungsgericht hat am 23. März 2021 festgestellt, dass der Berliner Mietendeckel verfassungswidrig ist, da dem Land Berlin keine Gesetzgebungskompetenz für das Mietpreisrecht zusteht. Seitdem drängen Legal-Tech-Unternehmen vermehrt Mieter dazu, ihre Miete auf ihre zulässige Höhe hin überprüfen zu lassen. Als Ergebnis der Überprüfung besteht die Möglichkeit, dass der Mieter gegenüber dem Vermieter die Höhe der vereinbarten Miete rügt. In diesem Zusammenhang wird der Vermieter nicht selten aufgefordert, genauere Angaben zum Mietverhältnis, zur Mietsache und zum Vormietverhältnis zu machen. Mit dem Rügeschreiben und dem Auskunftsersuchen sollte vorsichtig umgegangen und dieses nicht übereilt beantwortet werden.

Von Dr. Carsten Brückner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Übersichtstabelle (PDF)

Zulässige Miete bei Mietvertragsabschluss (Mietpreisbremse)
Bei Abschluss eines neuen Mietvertrags darf nur eine Miete in einer zulässigen Höhe vereinbart werden, wenn die Wohnung in einem durch Rechtsverordnung bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt. Die Ausweisung eines solchen Gebiets für ganz Berlin erfolgte erstmals zum 1. Juni 2015 und erneut durch die Verordnung zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn vom 19. Mai 2020. (1)

Zulässig ist eine Miete immer mindestens in Höhe eines um zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhten Betrags. Es ist wie bei einer Mieterhöhung anhand des aktuellen Mietspiegels unter Berücksichtigung der wohnwerterhöhenden und wohnwertmindernden Merkmale die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln, die dann um zehn Prozent erhöht und der Endbetrag wirksam vereinbart werden kann.

Ein Betrag, der über der Grenze der Zulässigkeit liegt, ist zwischen den Mietvertragsparteien nicht wirksam vereinbart. Es besteht jedoch die Möglichkeit, über den dargestellten zulässigen Betrag hinauszugehen, wenn eine der im Gesetz aufgeführten Ausnahmen gegeben ist. So ist es möglich, dass Kosten für eine innerhalb der letzten drei Jahre vor Abschluss des aktuellen Mietvertrags durchgeführte Modernisierungsmaßnahme zur um zehn Prozent erhöhten ortsüblichen Vergleichsmiete hinzugerechnet werden können.

Hatte der Vermieter in dem vor dem aktuell zum Abschluss stehenden Mietverhältnis eine höhere Miete wirksam (in zulässiger Höhe) vereinbart, darf er diese höhere Vormiete auch mit dem aktuellen Mieter vereinbaren, wenn diese höhere Vormiete mindestens zwölf Monate vor Beendigung des Vormietverhältnisses bereits vereinbart war.

Keine Anwendung finden die Vorschriften der Mietpreisbremse und somit auch keine Beschränkung der zulässigen Miethöhe bei Abschluss eines neuen Mietvertrags, wenn die Mietsache nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurde (Neubau) und auf die erste Vermietung nach einer durchgeführten umfassenden Modernisierung der Mietsache. Im letzten Fall muss bei Abschluss des (nach umfassender Modernisierung ersten) Mietvertrags ein mindestens einjähriger Kündigungsausschluss vereinbart werden,
damit sich der Vermieter bei weiteren Vermietungen auf die Ausnahme der höheren Vormiete berufen kann.

Auskunftspflicht des Vermieters
Der Vermieter kann sich in einem laufenden Mietverhältnis aber nur dann auf eine der vorgenannten vier Ausnahmen berufen, wenn er dem Mieter vor dessen Abgabe der Vertragserklärung unaufgefordert Auskunft über die gegebene Ausnahme in Textform erteilt hat. Unterbleibt die Auskunft, kann sich der Vermieter nur auf eine Miete in Höhe eines um zehn Prozent erhöhten Betrags der ortsüblichen Vergleichsmiete berufen.

Die ausgebliebene Auskunft kann jederzeit nachgeholt werden. Allerdings kann sich der Vermieter dann erst zwei Jahre nach der formgerecht nachgeholten Auskunft auf die höhere Miete berufen.

Entsprach die Auskunft lediglich nicht der vorgeschriebenen (Text-)Form, und wurde sie formgerecht nachgeholt, kann sich der Vermieter sofort nach der nachgeholten Auskunftserteilung auf die höhere Miete berufen.

Rüge und Mietrückforderung des Mieters
Zahlt der Mieter aufgrund einer unzulässig hohen oder nicht durch rechtzeitige und formgerechte Auskunft gedeckte Mietvereinbarung zu viel Miete, kann er die überhöhten Zahlungen nur dann zurückfordern, wenn er die zu hohe Miete gegenüber dem Vermieter in Textform gerügt hat.

Welche Mietzahlungen von dem Rückforderungsanspruch des Mieters erfasst sind, ist abhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Mietvertrag abgeschlossen worden ist.

Mietverträge vor Juni 2015
Ist der Mietvertrag vor dem 1. Juni 2015 (2) abgeschlossen worden, gilt die Mietpreisbremse nicht, sodass Rückforderungsansprüche (3) überhaupt nicht begründet sein können.

Mietverträge von Juni 2015 bis Dezember 2018
Ist ein Mietvertrag nach dem 1. Juni 2015 aber vor dem 1. Janur 2019 abgeschlossen worden, muss der Mieter gegenüber dem Vermieter eine qualifizierte Rüge in Textform erteilen. Nur dann kann er Zahlungen einer überhöhten (bzw. unzulässig hohen) Miete zurückfordern. Ein solcher Anspruch bezieht sich aber auch nur auf Mietzahlungen, die nach der Rüge fällig geworden sind. Mietzahlungen, die vor der Rüge fällig waren, können nicht zurückgefordert werden.

Mietverträge von Januar 2019 bis März 2020
Ist ein Mietvertrag ab dem 1. Januar 2019 und vor dem 1. April 2020 abgeschlossen worden, muss der Mieter gegenüber dem Vermieter eine einfache Rüge in Textform erteilen. Nur dann kann er Zahlungen einer überhöhten Miete vom Vermieter zurückfordern. Auch hier gilt, dass sich ein solcher Anspruch ausschließlich auf Mietzahlungen bezieht, die nach der Rüge fällig geworden sind. Mietzahlungen vor der Rüge können nicht zurückgefordert werden.

Mietverträge ab April 2020
Ist ein Mietvertrag ab dem 1. April 2020 abgeschlossen worden, muss der Mieter gegenüber dem Vermieter eine einfache Rüge in Textform erteilen. Dann kann er sowohl Mietzahlungen, die nach der Rüge als auch Mietzahlungen, die vor der Rüge geleistet worden sind, zurückfordern, wenn sie zu hoch waren. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Rüge spätestens 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses beim Vermieter eingeht und das Mietverhältnis noch nicht beendet ist.

Ist das Mietverhältnis beendet, ohne dass zuvor eine zu hohe Miete gerügt wurde, bestehen keine Ansprüche nach den Regelungen der Mietpreisbremse. Dauert das Mieterverhältnis noch an, ist es aber schon länger als 30 Monate in Kraft, können nur Mietzahlungen zurückgefordert werden, die nach einer vom Mieter zu erteilenden Rüge fällig werden, nicht solche, die vor der Rüge fällig waren.

Auskunftspflicht des Vermieters
Der Mieter ist berechtigt, beim Vermieter weitere Auskünfte zu den Voraussetzungen der Miethöhevereinbarung einzuholen. Insbesondere sind dem Mieter auf (genaue) Anfrage Informationen zur Mietsache und zu den vier oben genannten Ausnahmen mitzuteilen.

Beratung bei Haus & Grund Berlin-Neukölln

Fazit: bei einer Rüge einer zu hohen Miete kommt es auf die datillierten Umstände des Mietvertrags an. Erhalten Sie vom Mieter oder von einer vom Mieter beauftragten Person oder Institution ein Rügeschreiben und/oder eine Aufforderung, weitere Auskünfte zum Mietverhältnis abzugeben, sollten Sie sich zunächst umgehend bei Haus & Grund Berlin-Neukölln beraten lassen, um unnötige Nachteile zu vermeiden.

(1) gemäß § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Mietenbegrenzungsverordnung)

(2) Zeitpunkt des Inkrafttretens der Mietpreisbremse in Berlin

(3) nach den §§ 556d ff BGB

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