Große Unterschiede bei Abwassergebühren

Im Abwasserranking 2023 wird erneut deutlich, wie groß die Unterschiede bei den Abwassergebühren für einen Musterhaushalt sind. Während in der Siegerstadt Worms nur 245 Euro jährlich fällig werden, veranschlagt Mönchengladbach als rote Laterne des Rankings 985 Euro – und damit nahezu das Vierfache.

Das große Abwasserranking des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln im Auftrag von Haus & Grund Deutschland, das 2023 zum dritten Mal aufgelegt wurde, analysiert die Abwassergebühren in den 100 größten deutschen Städten. Es bestätigt neben der großen Spannweite das Nord-Süd-Gefälle der Gebühren. Alle Städte in den Top 10 liegen im Süden Deutschlands und verteilen sich auf die vier Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern. Oldenburg auf Rang 16 ist die erste Stadt, die nicht in diesen vier Bundesländern liegt. Dort werden knapp 404 Euro pro Jahr bezahlt. Unverändert fällt Nordrhein-Westfalen als teures Bundesland auf. Neben den NRW-Städten Mönchengladbach und Essen wurden aber auch für die ostdeutschen Städte Potsdam, Halle (Saale) und Cottbus Kosten von mehr als 800 Euro jährlich ermittelt. Diese fünf Städte bilden die Schlusslichter des Rankings.

Seit dem Vorgängerranking 2020 sind die durchschnittlichen Gebühren um 3,9 Prozent gestiegen. Hier wird der Verbrauch einer Familie mit vier Personen zugrunde gelegt, die in einem Musterhaus wohnt. Ihr Jahresverbrauch an Wasser wird mit 182,5 m³ kalkuliert, was zur Ermittlung der Schmutzwassergebühren relevant ist. Das Mustergrundstück hat eine versiegelte Fläche von 100 Quadratmetern, was für die Ermittlung der Niederschlagswassergebühren wichtig ist.

Die Gewinner

Platz 1 für Worms liegt vor allem an der hohen Kläranlagenauslastung, die für niedrigere Preise sorgt. Seit 2020 sind die Kosten für den Musterhaushalt um nur 5 Euro gestiegen. Ludwigsburg hält die Kosten konstant und steht ein weiteres Mal auf Platz 2 mit knapp 290 Euro pro Jahr. Das hat mehrere Gründe, etwa die topografischen Vorteile sowie die einwandfreien Kläranlagen ohne hohen Sanierungsaufwand.

Vergleicht man die vier Millionenstädte, liegt Köln mit Gebühren in Höhe von rund 408 Euro auf Platz 18 vorne; München (546 Euro) belegt Rang 46, gefolgt von Hamburg (602 Euro) auf Platz 57. Berlin (708 Euro) erreicht mit Platz 84 wieder nur eine Position im hinteren Drittel des Rankings. Die Gebührenspanne zwischen Köln und Berlin beträgt 300 Euro pro Jahr.

Die Verlierer

Potsdam und Mönchengladbach erheben bei Weitem die höchsten Abwassergebühren, gegen die bereits in beiden Städten von Bürgern rechtlich vorgegangen wird. Die Klagen verweisen auf nicht nachvollziehbare und unverhältnismäßige Beitragserhöhungen. Das Verwaltungsgericht Potsdam gab den Klägern im Jahr 2019 Recht. Auch in Mönchengladbach sorgte im letzten Jahr ein Gerichtsurteil dafür, dass die Gebühren in Zukunft neu kalkuliert werden müssen. Besonders kritisiert wird die gegenseitige Quersubventionierung einzelner Stadtwerke-Unternehmen, die zu überhöhten Trink- und Abwassergebühren führt. Trotz der Urteile sind die Gebühren in beiden Städten weiterhin hoch. Potsdam wurde im letzten Ranking als die teuerste Stadt eingestuft. Seitdem sind die Abwassergebühren dort nochmals um etwa 20 Euro gestiegen.

Mönchengladbach ist im diesjährigen Ranking die teuerste Stadt bei der Entsorgung von Abwasser. Die Gebühren erhöhten sich seit 2020 um weitere 46 Euro. Für die Musterfamilie ergibt sich damit eine Steigerung von 4,9 Prozent gegenüber dem Abwassergebührenranking 2020 und eine Steigerung von sogar 17,7 Prozent im Vergleich zu 2017. Die Stadt begründet dies zum einen mit ihrer geografischen Lage als „Flächenstadt“, was die Notwendigkeit einer komplexen Kanalinfrastruktur mit sich bringt. Allerdings führt auch eine überhöhte Kalkulation der Kapitalkosten oft zu steigenden Gebührensätzen, wie vom Bund der Steuerzahler NRW kritisiert wird.

Auf- und Absteiger

Insgesamt haben 71 Städte die Gebührensätze erhöht. Doch nicht überall sind die Kosten gestiegen: Seit dem letzten Abwasserranking 2020 haben 17 der 100 Städte die Gebührensätze senken können. In zwölf Städten sind die Sätze immerhin konstant geblieben. Da der durchschnittliche Wasserverbrauch im Vergleich zum Vorgängerranking etwas geringer ist, zahlt der Musterhaushalt allerdings auch in diesen zwölf Städten weniger. Um ganze 30 Plätze konnte sich die Stadt Gütersloh verbessern und liegt nun auf Rang 33, was einer Gebührensenkung von fast 100 Euro entspricht. Dem vorausgegangen war ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, das unter anderem den von der Stadt angesetzten kalkulatorischen Zinssatz als zu hoch ansah. Gleiches gilt auch für die Gebührensenkung in Bergisch Gladbach.

München hingegen verzeichnete eine enorme Preiserhöhung. Ein Musterhaushalt muss hier im Vergleich zu 2020 knapp 142 Euro mehr bezahlen. Dementsprechend ist der Abstieg von 23 Rängen auf Platz 46 eine logische Konsequenz. Eine deutliche Anhebung der Schmutz- und Niederschlagswassergebühren ist hierfür ausschlaggebend. Die Schmutzwassergebühr für den Musterhaushalt hat sich von 274 Euro im Jahr 2020 auf den aktuellen Betrag von 369 Euro erhöht. Für die Niederschlagswassergebühr wird eine Steigerung von 130 auf 177 Euro berechnet.

Fazit

Es ist nicht zwingend erforderlich, dass Bürger sowohl mit hohen Abwassergebühren als auch mit starken weiteren Kostensteigerungen konfrontiert werden. Anhand der großen Unterschiede zwischen den aktuellen Gebühren sowie den Entwicklungen seit 2020 werden Entlastungsmöglichkeiten für Verbraucher deutlich, die genutzt werden sollten. Weiter bleibt zu beachten, dass die Abwassersatzungen keine einheitlichen Standards aufweisen und ihre Systematik für die Bürger oft nicht einfach verständlich ist. Dem kann durch eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Satzungen durch transparente Berechnungsverfahren begegnet werden; dies würde folglich zu einem verbesserten Verständnis seitens der Bürger beitragen.

Hanno Kempermann, Institut der deutschen Wirtschaft Köln

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