Gebäudeenergiegesetz: Ab 2024 sollen neue Heizungen zu 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen

Es steht im Koalitionsvertrag der Ampelregierung: Jede neu eingebaute Heizung soll künftig zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Ein Schritt, um dem Klimaziel – bis 2045 treibhausgasneutral zu werden – näher zu kommen. Ursprünglich war dafür 2025 als Starttermin vorgesehen. Wegen der drohenden Gasknappheit infolge des Ukraine-Krieges hat die Bundesregierung im Frühjahr entschieden, diesen Zeitpunkt auf 2024 vorzuziehen.

Zur Umsetzung der 65-Prozent-Vorgabe haben die Bundesministerien für Wirtschaft (BMWK) und Bauen (BMWSB) ein Konzept vorgeschlagen und die betroffenen Verbände befragt. Nun soll die Nutzungspflicht unter Berücksichtigung der Befragungsergebnisse im Gebäudeenergiegesetz (GEG) verankert werden. Was Eigentümer beim Einbau einer neuen Heizung im Einzelnen zu erwarten haben, lässt sich anhand des vorliegenden Konzeptes erahnen.

Nutzungspflicht besteht bei jedem Einbau einer neuen Heizung
Egal ob Neubau oder Bestand, ob Wohn- oder Nichtwohngebäude: Neue Heizungen müssen ab 2024 einen Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien nutzen. Die Nutzungspflicht gilt unabhängig davon, ob der Einbau beziehungsweise Austausch planmäßig oder außerplanmäßig erfolgt. Bei Wärmeerzeugern, die Warmwasser und Heizwärme liefern, bezieht sich die Pflicht auf das Gesamtsystem. Bei Anlagen, in denen Warmwasser und Heizung getrennt voneinander laufen, gilt die Pflicht nur für das System, das ersetzt oder neu eingebaut wird.

Konzept stellt zwei mögliche Varianten zur Diskussion
Das vorliegende Konzept sieht zwei Varianten zur Umsetzung der 65-Prozent-Erneuerbare-Energien-Vorgabe vor. Die erste Version stellt alle Erfüllungsoptionen auf eine Stufe und lässt dem Eigentümer Wahlfreiheit zwischen den zur Verfügung stehenden Technologien. Ohne weitere Nachweise gilt die 65-Prozent-Vorgabe demnach als erfüllt, wenn Eigentümer entweder ihr Gebäude an ein Wärmenetz anschließen oder eine Wärmepumpe, Biomasse- beziehungsweise Gasheizung unter Nutzung von grünen Gasen, Hybrid- oder Stromdirektheizung einbauen.

Die zweite Variante sieht ein stufenweises Vorgehen vor: Auf der ersten Stufe wird Wärmenetzen und Wärmepumpen der Vorrang gegenüber den auf der zweiten Stufe stehenden und auf Biomasse, grünem Wasserstoff oder grünen Gasen beruhenden Technologien eingeräumt. Eigentümer müssen sich zuerst an einen Sachkundigen wenden, der bestätigt, dass die vorrangigen Technologien der ersten Stufe aus technischen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder zulässig sind beziehungsweise zu unvertretbar hohen Kosten führen. Erst dann stehen dem Eigentümer die weiteren Erfüllungsoptionen zur Verfügung.

Härte- und Sonderfälle wenig praxistauglich
Das Konzept sieht auch verschiedenen Ausnahmen vor. Bei einer Heizungshavarie sollen Eigentümer drei Jahre Zeit zur Erfüllung der Erneuerbare-Energien-Vorgabe bekommen. So lange kann entweder eine gebrauchte Heizung genutzt oder eine neue Gas- beziehungsweise Ölheizung eingebaut werden, die innerhalb der Frist zur Hybridheizung umgebaut wird. Bei Gasetagenheizungen haben die Eigentümer drei Jahre nach Ausfall des ersten Heizgerätes Zeit zu entscheiden, ob sie weiterhin dezentral oder zukünftig zentral heizen wollen. Fällt die Wahl auf eine Zentralheizung, so haben die Eigentümer nochmals drei Jahre Zeit zur Umstellung. Bleibt es bei den dezentralen Heizgeräten, sollen diese auf Basis von 65 Prozent erneuerbare Energien betrieben werden. Da dies gegenwärtig nur mit strombetriebenen Geräten funktioniert, dürfte die Regelung wenig praxistauglich sein. Ähnlich sieht es bei den Einzelöfen aus. Wie bei der Gasetagenheizung haben die Eigentümer insgesamt sechs Jahre nach Ausfall des ersten Ofens Zeit, um auf eine zentrale Heizung mit Nutzung von 65 Prozent durch erneuerbarer Energie umzustellen. Wird weiterhin die Einzellösung gewünscht, dann müssen alle Einzelöfen, die nach der dreijährigen Entscheidungsfrist ersetzt werden, die 65-Prozent-Pflicht erfüllen. Auch hier ist bisher unklar, welche Technologie infrage kommt.

Bewertung
Die Vorgabe ist gerade für den Gebäudebestand äußerst ambitioniert. Zunächst müssen grundlegende Voraussetzungen geschaffen werden. Neben einer verbindlichen kommunalen Wärmeplanung muss jedem Gebäudeeigentümer ein individueller Sanierungsfahrplan vorliegen. Erst dann können Eigentümer die richtige Entscheidung treffen. Vor allem bedarf es praxistauglicher Lösungen für die vielen Einzelfälle und ausreichende Kapazitäten an qualifizierten Fachkräften für Planung und Bau. Nur in den wenigsten Gebäuden wird die Vorgabe ohne Förderung bezahlbar zu erfüllen sein. Viele bestehende Gebäude müssen durch zusätzliche Maßnahmen an der Gebäudehülle und der vorhandenen Heizungsanlage auf den Einsatz von erneuerbaren Energien vorbereitet werden. Ebenso müssen die hohen Investitionskosten der Erneuerbaren-Wärmetechnologien im Vergleich zur konventionellen Heiztechnik durch Förderung kompensiert werden. Die erste Variante, die alle Erfüllungsoptionen auf eine Stufe stellt und dem Eigentümer Wahlfreiheit lässt, ist dabei klar vorzuziehen. Diese Variante ermöglicht eine technologieoffene Umsetzung der Pflicht und erspart dem Eigentümer die zusätzliche Nachweispflicht durch einen Sachkundigen.

Corinna Kodim, Geschäftsführerin Energie, Umwelt, Technik Haus & Grund Deutschland

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