EU-Pläne: Drastische Folgen für die Volkswirtschaft erwartet

Sofern sich die europäischen Institutionen Rat, Parlament und Kommission im sogenannten Trilogverfahren über die finale Ausgestaltung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie einig werden, dürfte das massive Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft und den deutschen Wohnungsmarkt haben.

Welche konkreten Folgen sich aus den Änderungen für den Wohnungsmarkt ergeben würden, ist noch nicht eindeutig absehbar, da die in den Energieausweisen enthaltenen Energieklassen in Deutschland bisher von A+ bis H reichen. Auf Basis dieser Einteilungen lassen sich allerdings Aussagen darüber treffen, wie sich die Gebäude in Deutschland aktuell auf die bestehenden Energieeffizienzklassen aufteilen.

In Deutschland gibt es circa 18,9 Millionen Wohngebäude. In diesen Gebäuden befinden sich etwa 36,9 Millionen bewohnte Wohnungen. Hiervon handelt es sich bei 13,9 Millionen Wohnungen um Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Reihenhäuser, was 37,5 Prozent des Wohnungsbestands entspricht. Bei rund 3,3 Millionen Wohnungen, etwa 8,9 Prozent des Wohnungsbestandes, handelt es sich um Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern. Circa 19,8 Millionen Wohnungen und somit etwa 53,6 Prozent sind Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern.

51 Prozent der Eigenheime fallen derzeit in die Klassen E bis H

Eine Studie der Arbeitsgemeinschaft für Zeitgemäßes Bauen e. V. (ARGE) aus dem Jahr 2022 ergab, dass im Jahr 2020 etwa 51 Prozent und somit etwa 7,13 Millionen Eigenheime in die Energieeffizienzklassen E bis H fielen. Bei den Eigentumswohnungen sind rund 32 Prozent und somit knapp 1,05 Millionen den Klassen E bis H zuzuordnen, und bei den Mietwohnungen sind es mit einem Anteil von circa 31 Prozent etwa 6,15 Millionen Wohnungen.

Zahlen geben Einblick in die Dimensionen möglicher Sanierungspflichten

An dieser Stelle sei deutlich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um die Einstufung nach aktuell geltenden Energieeffizienzklassen handelt – die EU-Richtlinie wird eine neue Einteilung in die Energieeffizienzklassen erforderlich machen. Dennoch gibt die Studie der ARGE einen groben Einblick in die Dimensionen möglicher Sanierungspflichten. Auf Basis der hier aufgeführten Einteilung müsste bei einer Sanierungspflicht der Gebäudeklassen D und schlechter immerhin etwa jeder zweite Hauseigentümer und jeder dritte Wohnungseigentümer sein Objekt energetisch ertüchtigen. Zudem wäre jede dritte Mietwohnung betroffen. Klar ist aber auch, dass der gesamte Gebäudebestand in Deutschland bis 2045 klimaneutral werden soll. Innerhalb dieses Zeitraums muss jedes Bestandsgebäude modernisiert werden, sofern es nicht schon dem höchsten Standard entspricht. Dies ist freilich nur in den seltensten Fällen gegeben.

Welche Kosten kommen auf Eigentümer zu?

Die ARGE-Studie schlüsselt Modernisierungskosten für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Mehrfamilienhäuser der Baualtersklassen 1949 bis 1978 mit unterschiedlichen Ausgangszuständen auf den sogenannten KfW-Standard Effizienzhaus (EH) 115 auf. Ein Bestandsgebäude, das dem EH-115-Standard entspricht, benötigt nur 15 Prozent mehr Primärenergie als ein Neubau, der die im Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgegebenen Standards erfüllt. Die Studie basiert auf der Angabe von Material- und Arbeitskosten aus dem dritten Quartal 2021. Aufgrund der dynamischen Preisentwicklung liegen die Kosten heute aber deutlich höher. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie sich die Preise seither entwickelt haben, kann der Index zu Bauleistungen am Bauwerk zu Rate gezogen werden, den das Statistische Bundesamt quartalsweise veröffentlicht. Dieser stieg vom dritten Quartal 2021 zum vierten Quartal 2022 um knapp 19 Prozent. Diese Steigerung wurde im Folgenden auf die von der ARGE ausgegebenen Werte aufgeschlagen.

Die Vollkosten für die Modernisierung eines teilweise bis größtenteils modernisierten Mehrfamilienhauses auf den EH-115-Standard liegen bei 357 bis 571 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Für ein nicht oder nur geringfügig modernisiertes Mehrfamilienhaus fallen sogar Gesamtkosten zwischen 417 und 750 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche an. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern schwanken die Vollkosten für die Modernisierung auf den EH-115-Standard für teilweise bis größtenteils modernisierte Gebäude zwischen 702 und 1.131 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, bei nicht oder nur geringfügig modernisierten Gebäuden liegen sie zwischen 785 und 1.273 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche.

Für die Modernisierung eines 140 Quadratmeter großen Einfamilienhauses auf den EH-115-Standard fallen je nach Ausgangszustand also Kosten zwischen 98.280 und 178.220 Euro an. Natürlich handelt es sich hierbei um recht umfangreiche unterstellte Modernisierungsmaßnahmen. Soll die Effizienzklasse zunächst nur durch bestimmte Einzelmaßnahmen um eine Stufe verbessert werden, fallen die Aufwendungen mitunter geringer aus. Doch allein der Einbau einer Wärmepumpe kann bis zu 50.000 Euro kosten. Müssen hierfür noch die Heizkörper ausgetauscht und gewisse Dämmmaßnahmen durchgeführt werden, ergeben sich schnell Kosten in Höhe von 100.000 Euro. Erschwerend hinzu kommen Fachkräftemangel und Materialengpässe.

Kommentar

Als die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Strategie des Green Deals ankündigte, hat sich Haus & Grund aktiv in die Diskussion eingeschaltet. Denn klar war, dass der Gebäudesektor zur Erreichung der Klimaziele in den Fokus geraten wird. Der gesamte Verband hat den Rechtsetzungsprozess begleitet. So haben Landesverbände und Ortsvereine ihre Abgeordneten des Europäischen Parlaments angeschrieben, um über die wirtschaftlichen Auswirkungen solcher Maßnahmen für private Eigentümer hinzuweisen. Auch der Umstand, dass über 80 Prozent des Grundeigentums in privater Hand liegt, private Eigentümer 66 Prozent des deutschen Mietwohnungsmarktes stellen und damit eine tragende Säule für die Wohnraumversorgung sind und schon heute mit Investitionen in den Wohnraumbestand zur Erreichung der Klimazeile im erheblichen Umfang beitragen, wurde unterstrichen. In zahlreichen Gesprächen haben Haus & Grund sowie unser europäischer Verband – die UIPI – unsere Positionen, Kritik und Änderungsvorschläge gegenüber der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und auf nationaler Ebene gegenüber dem federführenden Ministerium für Wirtschaft und Klima vorgebracht.

Ein effizienter Gebäudebestand in Deutschland ist erstrebenswert, allerdings dürfen die Wirtschaftlichkeit jeder vorgeschriebenen Maßnahme und ihre technische Umsetzung nicht außer Acht gelassen werden. Haus & Grund steht der Implementierung von Mindeststandards daher sehr kritisch gegenüber, da die gesamtgesellschaftlichen Folgen solcher Maßnahmen einen verheerenden Effekt auf die Volkswirtschaft hätten. Die geplante Sanierungspflicht käme einer massiven Entwertung der Immobilien gleich. Viele Eigentümer, vor allem in ländlichen Regionen, werden diese Maßnahmen nicht finanzieren können. Auch bei einem Verkauf der Immobilie muss der energetische Zustand eingepreist werden, weil auch künftige Käufer die nach dem Kauf anfallenden Modernisierungskosten bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen müssen.

Natürlich ist es wichtig, die Klimaziele zu erreichen. Hierfür wäre es allerdings sinnvoller, den Emissionshandel auf den Gebäudesektor auszuweiten, statt Verbote und Pflichten einzuführen. Durch eine solche Lösung würden die Kosten zwar steigen, die Eigentümer hätten aber mehr Flexibilität. Zudem könnten die Einnahmen aus dem Emissionshandel als Klimageld an die Bürger zurückgezahlt werden.

Haus & Grund wird sich auch bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht weiterhin für die Interessen der Eigentümer einsetzen.

Jakob Grimm, Referent Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik Haus & Grund Deutschland

Kai H. Warnecke, Präsident Haus & Grund Deutschland (Kommentar)

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