Entziehung von Wohnungseigentum: Unterlassungsklage als Vorverfahren

Die Entziehung des Wohnungseigentums ist das härteste Mittel gegen Wohnungseigentümer, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Das Landgericht Frankfurt am Main hat daher in seinem Beschluss vom 3. Mai 2021 (2-13 S 116/20) klargestellt, dass vor einer Entziehung alle milderen Mittel ausgeschöpft werden müssen.

Hieraus folgt aber auch, dass eine wegen der Pflichtverletzung erhobene Unterlassungsklage nicht zwangsläufig eine anschließende Entziehungsklage ausschließt.

Störung des Hausfriedens durch Mieter
Im verhandelten Fall störte der Mieter eines Wohnungseigentümers mehrfach erheblich den Hausfrieden. Die Gemeinschaft wandte sich daher an den vermietenden Eigentümer und forderte ihn auf, diese Störungen zu unterbinden. Als dies nicht erfolgte, wurde der Eigentümer abgemahnt und auf Unterlassung verklagt. Noch während dieses Verfahrens beschlossen die Wohnungseigentümer, von dem vermietenden Eigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums zu verlangen und erhoben eine Entziehungsklage. Das Amtsgericht sah die Entziehungsklage aufgrund der zuvor erhobenen Unterlassungsklage gesperrt.

Keine Verwirkung durch Unterlassungsklage
Da der Streit zwischenzeitlich für erledigt erklärt wurde, musste das Landgericht nur noch über die Kosten entscheiden. Hierbei widersprach es aber dem Amtsgericht. Denn durch die Erhebung einer Unterlassungsklage werde eine Entziehungsklage nicht ausgeschlossen. Die beiden Ansprüche ständen vielmehr nebeneinander. Auch aus zeitlicher Sicht könne von einer Verwirkung des Entziehungsanspruchs nicht die Rede sein. Denn die Entziehungsklage sei nur wenige Monate nach der Abmahnung und der Erhebung der Unterlassungsklage eingereicht worden. Ob im konkreten Fall die Unterlassungsklage aber zuvor als milderes Mittel durchgefochten hätte werden müssen oder ob diese aufgrund der fortlaufenden Verstöße auch während des Unterlassungsverfahrens entbehrlich war, konnten die Richter nicht entscheiden, da der Sachverhalt aufgrund der beidseitigen Erledigungserklärung nicht mehr vollständig durch das Gericht aufgeklärt werden konnte.

Praxistipp
Auch wenn das Urteil noch zum Recht vor der WEG-Reform ergangen ist, gelten dessen Aussagen fort. Die Wohnungseigentümer sollten vor einem Entziehungsverfahren also immer prüfen, ob es nicht ein milderes Mittel (wie beispielsweise eine Unterlassungsforderung) gibt, um den betroffenen Wohnungseigentümer zur Räson zu bringen. Sollten die milderen Mittel den Wohnungseigentümer aber nicht beeindrucken und setzt er seine Pflichtverletzungen fort, kann die Unterlassungsklage um die Entziehung erweitert werden.

Gerold Happ, Geschäftsführer Immobilien- und Umweltrecht Haus & Grund Deutschland

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