Entwurf des Klimaschutz-Sofortprogramms: Zahlreiche Maßnahmen für die Energiewende

Seit Monaten arbeitet die Bundesregierung an ihrem Klimaschutz-Sofortprogramm 2022. Nun hat das Bundeskabinett den Entwurf beschlossen. Mit dem Programm will die Bundesregierung alle wesentlichen, für das Erreichen der Klimaziele notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen bis Ende 2022 auf den Weg bringen. Zahlreiche Vorhaben betreffen die Gebäude.

Ein Überblick von Corinna Kodim, Geschäftsführerin Energie, Umwelt, Technik Haus & Grund Deutschland

Das Gebäudeenergiegesetzes (GEG) soll in mehreren Schritten novelliert werden.

  • Bereits in der Umsetzung ist die Anhebung des Neubaustandards auf Effizienzhausniveau EH 55 ab 1. Januar 2023. Diese Maßnahme wurde Anfang des Jahres mit dem plötzlichen Stopp der KfW-Neubauförderung angekündigt.
  • Als nächstes soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass ab 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben wird. Dabei wird hauptsächlich auf Wärmepumpen gesetzt. Bis 2030 sollen bis zu 6 Millionen Wärmepumpen in Gebäuden installiert werden. Gleichzeitig sollen die Wärmenetze auf erneuerbare Energien umgestellt und weiter ausgebaut werden. Biomasse und grüne Gase sind nur begrenzt verfügbar und werden auch für andere Prozesse benötigt. Daher sollen diese nur für die Wärmeversorgung in Gebäuden eingesetzt werden, in denen andere Technologien nicht infrage kommen.
  • Mit einer weiteren umfassenden Novelle plant der Gesetzgeber, die bisherige Anforderungssystematik (Primärenergie, Gebäudehülle) auf die Einsparung von Treibhausgasen (THG) auszurichten und ab 1. Januar 2025 den Neubaustandard an das EH 40 anzugleichen. Dabei wird auch geprüft, ob der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes sinnvoll einbezogen werden kann.
  • Derzeitig wird die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) überarbeitet. Sobald diese beschlossen ist, steht eine weitere Novelle zur Umsetzung in nationales Recht an. Im Gespräch sind die Einführung von Mindestenergiestandards (MEPS – Minimum Energy Performance Standards) für den Gebäudebestand und eines Null-Emissions-Gebäudes (Zero-Emission Building Standard) für den Neubau. Die konkrete Ausgestaltung ist aufgrund der laufenden Verhandlungen noch unklar. Sicher ist, dass sich der zukünftige Gebäudestandard an dem Klimaziel der THG-Neutralität bis 2045 orientieren wird.

Solardachpflicht
Für gewerbliche Neubauten wird eine Solardachpflicht vorgesehen, während Solardächer für private Neubauten die Regel werden sollen. Die Pflicht trifft alle geeigneten Dächer und zielt darauf ab, möglichst die gesamte Dachfläche zu nutzen. Bauherren können dabei wählen, ob Photovoltaik oder Solarthermie zum Einsatz kommen soll. Bei der Umsetzung der Solardachpflicht will die Bundesregierung auch die bestehenden Rahmenbedingungen beispielsweise für den Mieterstrom prüfen und gegebenenfalls anpassen.

Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)
Die BEG wird die neuen Vorgaben des GEG flankieren. Zudem sollen die Fördermittel künftig dort eingesetzt werden, wo die höchsten Treibhausgasminderungen pro Förder-Euro erreicht werden können.

  • Bei der Neuausrichtung stehen schlecht sanierte Gebäude besonders im Fokus, da diese die höchsten THG- und Energieeinsparpotenziale haben.
  • Der Neubau soll zukünftig ganzheitlich unter Berücksichtigung des Lebenszyklus gefördert werden, um auch die negativen Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt bei Bau, Betrieb und Abriss oder Nachnutzung zu minimieren. Die Umsetzung erfolgt in zwei Stufen: Bereits seit April 2022 werden neue EH 40-Effizienzhäuser nur noch gefördert, wenn diese zusätzlich die Kriterien eines „Qualitätssiegels Nachhaltige Gebäude“ (QNG) erfüllen. Ab Januar 2023 wird dann ein neues Programm „Klimafreundliches Bauen“ aufgelegt, welches die Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus der Gebäude stärker in den Fokus stellt.

Bundesförderung Serielle Sanierung
Mit der Bundesförderung Serielle Sanierung werden seit Mai 2022 innovative Methoden zur Gebäudesanierung gefördert. Ziel ist es, zukünftig mit vorgefertigten Bauteilen wie etwa Dach- und Fassadenelementen und mit ihnen verbundene Anlagentechnik Gebäude schnell und energetisch hochwertig zu sanieren.

Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)
Das Förderprogramm soll Anreize zur Umstellung von fossilen Wärmenetzen auf erneuerbare Energien und zum Neubau von Wärmenetzen mit mindestens 75 Prozent erneuerbarer Wärme setzen. Gleichermaßen soll die Nutzung unvermeidbarer Wärme zum Beispiel aus Industrieprozessen in Wärmenetzen gefördert werden. Erneuerbare Wärmenetze können zur Reduzierung der CO2-Emissionen in Gebäude führen, wenn diese an ein solches Netz angeschlossen sind oder werden.

Gesetz für kommunale Wärmeplanung
Zusätzlich zur BEW sieht das Klimaschutz-Sofortprogramm ein Gesetz vor, in dem die Länder verpflichtet würden, eine kommunale Wärmeplanung einzuführen. Die Länder sollen damit die Kommunen zur Umsetzung einer kommunalen Wärmeplanung verpflichten können. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll vor Ende dieses Jahres vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Aufbauprogramm und Qualifikationsoffensive Wärmepumpe
Damit Gas- und Ölheizungen auf Wärmepumpen umgestellt werden können, müssen Fachkräfte geschult und geeignete Wärmepumpen zur Verfügung stehen. Aufbauprogramm und Qualifikationsoffensive sollen für Handwerksbetriebe und Planungsbüros Anreize schaffen, um an Weiterbildungen zu Planung und Einbau von Wärmepumpen teilzunehmen. Dabei geht es speziell auch um den Wärmepumpeneinbau im Bestand, wo sowohl die Niedertemperaturfähigkeit des Gebäudes als auch die Eignung der vorhandenen Heizung beurteilt werden müssen.

Optimierung bestehender Heizungen
Der Krieg in der Ukraine, damit verbundene hohe Energiekosten und die mögliche Gefahr der Verknappung von Brennstoffen erfordern kurzfristige Energieeffizienzmaßnahmen an Heizungssystemen in bestehenden Gebäuden. Aktuell werden neben der bestehenden Förderung zur Heizungsoptimierung weitere Einsparoptionen wie etwa die Absenkung der Raumtemperatur diskutiert. Ziel ist es, zeitnah eine Optimierung bestehender Heizungssysteme zu initiieren.

Zukunft Bau Modellvorhaben für Innovation im Gebäudebereich
Mit dem Förderprogramm Zukunft Bau Modellvorhaben für Innovation im Gebäudebereich sollen neuartige und bislang nicht marktübliche Lösungen für das klimagerechte, energieeffiziente, ressourcenschonende und bezahlbare Bauen in der Praxis etabliert werden. Bauherren sollen durch die Förderung ermutigt werden, innovative Lösungen in ihre Bauvorhaben einzubeziehen.

Fazit
Insgesamt enthält das Programm nur wenig Neuerungen. Viele der geplanten Maßnahmen sind schon bekannt und Bestandteil des Koalitionsvertrages der Ampelregierung. Viele Vorhaben werden ihre Wirkung verfehlen, da bestehende Hemmnisse nicht adressiert werden. Beispielsweise machen Solardächer ökologisch nur Sinn, wenn der Solarstrom unmittelbar genutzt und Mieterstrom einfach möglich wird. Effizienzanforderungen an Gebäude müssen bezahlbar sein, andernfalls unterbleibt der nötige Wohnungsneubau. Die Beendigung der Neubauförderung für das EH 55 war jedenfalls für Mehrfamilienhäuser der falsche Schritt. Umfassende Sanierungen lassen sich nur durchführen, wenn alle Mieter oder Wohnungseigentümer diese mittragen. Nach den derzeitigen Prognosen wird Deutschland das selbst gesetzte Klimaziel für 2030 von 65 Prozent CO2-Minderungen gegenüber 1990 um 15 Prozent verfehlen. Es wird also Zeit, dass die getroffenen Maßnahmen tatsächlich der CO2-Einsparung dienen, pragmatische Lösungen gefunden und die Bürger einbezogen und nicht mit Bürokratie überschüttet werden. Fördergelder müssen dorthin fließen, wo sie viel bewirken können.

Suchcode: 2208-03pw