Das umfassende Auskunftsverhalten des Vermieters vor Abschluss des Mietvertrags

Empfehlungen zur Vermeidung von streitigen Auseinandersetzungen und Schadensersatzforderungen in Wohnraummietverhältnissen

Dr. Carsten Brückner

Nach der Rechtsprechung des Landgericht Berlin soll der Mieter grundsätzlich berechtigt sein, die ihm zustehenden Ansprüche aus einem Wohnraummietvertragsverhältnis an Personen abzutreten, die nicht in das Mietvertragsverhältnis eingebunden sind.

Abtretung von Ansprüchen des Mieters aus den Vorschriften der Mietpreisbremse an eine Rechtsverfolgungsgesellschaft

Die Möglichkeit der Abtretung von Ansprüchen nutzen professionelle Gesellschaften (z. B. Conny GmbH) und lassen sich insbesondere Ansprüche im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse von den Mietern abtreten. Diese Ansprüche beinhalten das Auskunftsbegehren des Mieters betreffend bestimmte Umstände zur Ermittlung der zulässigen Miethöhe, die Rückforderung von zu viel gezahlten Mieten und anteiliger Mietkaution, Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Pflichten und gegebenenfalls die Feststellung einer bestimmten (geringeren) zulässigen Miete. Die Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen durch Dritte (Zessionar) wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausdrücklich gebilligt.

Vorteile für Mieter und Rechtsverfolgungsgesellschaften

Die Verfolgung abgetretener Ansprüche durch einen Dritten stellt sich für diesen und für den Mieter als vorteilhaft dar. Der Mieter gibt mit der Abtretung der Ansprüche insbesondere das wirtschaftliche Risiko der Anspruchsverfolgung ab. Beim neuen Anspruchsinhaber entstehen durch die Geltendmachung von Auskunfts- und Feststellungsansprüchen erhebliche Gebühren, die nach der Tabelle für die Rechtsanwaltsvergütung bestimmt werden. Für den Dritten stellt sich die Abtretung somit als ein überaus einträgliches Geschäft dar; erstreitet der neue Anspruchsinhaber eine geringere Miete, wirkt sich diese auch unmittelbar auf das aktuelle Mietverhältnis und somit zu Gunsten des Mieters aus, der kein wirtschaftliches Risiko hatte.

Nachhaltige negative Folgen für das Mietverhältnis

Diejenigen, denen die Ansprüche abgetreten werden, haben aufgrund ihrer Ferne zum streitgegenständlichen Mietvertragsverhältnis keine Veranlassung, auf etwaige Besonderheiten und somit auf ein gutes Miteinander der Mietvertragsparteien Rücksicht zu nehmen. Das hat zur Folge, dass auch im Fall von abzuschließenden Vergleichen auf einen maximalen Erfolg abgestellt wird.

Schadensersatzpflicht des Vermieters

Die Pflicht zur Tragung der durch die Rechtsverfolgung der oben genannten Ansprüche entstehenden Kosten liegt in den meisten Fällen beim Vermieter. Dieser haftet dem Mieter und im Falle einer wirksamen Abtretung von Ansprüchen an einen Dritten diesem auf Ersatz des sogenannten Schadens.

Dem Schaden können als Rechtsgrund und somit als Anspruchsgrundlage zugrunde liegen

  • der Verzug des Vermieters mit der Auskunftserteilung und/oder
  • die Verletzung einer nebenvertraglichen Auskunftspflicht.

Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter bei einem entsprechenden Begehren Auskünfte über die Ausnahmetatbestände zur Mietpreisbremse zu erteilen. Die Pflicht beinhaltet eine sowohl positive Stellungnahme (wonach die Voraussetzungen für ein Ausnahmemerkmal erfüllt sind) als auch eine negative Auskunft (wonach die Voraussetzungen des Ausnahmemerkmals nicht gegeben sind). Die Auskunft muss dem Mieter innerhalb einer angemessenen Frist erteilt werden. Reagiert der Vermieter innerhalb dieser Frist nicht oder nicht vollumfänglich, gerät er in Verzug, und er hat dann dem Mieter oder Dritten den sich aus dem Verzug ergebenden Schaden zu ersetzen.

Im Abschluss einer unzulässig hohen Miete zu Beginn des Mietvertragsverhältnisses liegt die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht des Vermieters und begründet ebenfalls einen Schadensersatzanspruch der von dem Mieter oder dem Dritten geltend gemacht werden kann.

Nicht ausreichende Beratung

Die Ursache, warum es zur Schadensersatzpflicht des Vermieters kommt, liegt nicht selten in einer nicht ausreichenden Beratung über die Rechte, Pflichten und Möglichkeiten des Vermieters insbesondere zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags.

Hohe Kosten

Die Geltendmachung der vom Mieter abgetretenen Ansprüche hat in der Regel hohe Gegenstandswerte zum Inhalt und führt zur Entstehung erheblicher Kosten.

Da bei einer Anspruchsverfolgung durch die Anspruchsverfolgungsgesellschaft als Zessionar kein Teil der außergerichtlichen Kosten auf das gerichtliche Verfahren Anrechnung findet, bleiben sämtliche Ansprüche aus der Anspruchsverfolgung als Schadensersatz bestehen und müssen vom Vermieter ausgeglichen werden.

Entgegenwirken nachteiliger wirtschaftlicher und rechtlicher Auswirkungen

Um die Vermieter im Zusammenhang mit der Neuvermietung vor unbedachten wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen zu schützen, sollten sie ihr Auskunftsverhalten beim Abschluss von Mietverträgen verbessern. Das kann wie folgt geschehen:

Beim Neuabschluss eines Wohnraummietvertrags in Berlin sind unter anderem die Regelungen der Mietpreisbremse zu beachten. Die Mietvertragsparteien können nur eine zulässige Miete wirksam vereinbaren. Zulässig ist immer eine um zehn Prozent erhöhte ortsübliche Vergleichsmiete für die zu vermietende Wohnung. Der Vermieter kann sich zur Vereinbarung einer höheren zulässigen Miete auf einen der vier vom Gesetzgeber aufgeführten Ausnahmetatbestände stützen. Hierzu hat der Vermieter dem Mieter vor Abgabe der auf den Abschluss des Mietvertrags gerichteten Willenserklärung durch den Mieter eine Auskunft über den vom Vermieter in Anspruch genommenen Ausnahmetatbestand zu erteilen. Erfolgt eine solche Auskunft nicht, kann sich der Vermieter im laufenden Mietverhältnis nicht auf eine höhere als die um zehn Prozent erhöhte ortsübliche Vergleichsmiete berufen. Auch wenn der Vermieter im laufenden Mietverhältnis die Auskunft gegenüber dem Mieter nachholt, hat er eine 24-monatige Wartefrist einzuhalten, bevor er sich auf die höhere – zulässige – Miete berufen kann.

Bei dieser Auskunft handelt es sich (lediglich) um eine Obliegenheit des Vermieters, sodass außer dem Nachteil der Versagung eines sich Berufens auf die höhere Miete dem Vermieter zunächst keine Nachteile drohen.

Über diese Auskunftsobliegenheit hinaus besteht eine gesetzlich geregelte Auskunftspflicht des Vermieters für den Fall, dass der Mieter gegenüber dem Vermieter entsprechende Informationen über die zulässige Miethöhe verlangt. Hierbei handelt es sich um eine mietvertragliche Nebenpflicht des Vermieters.

Der Gesetzgeber zwingt den Vermieter mithin, bestimmte Informationen betreffend die Mietsache oder früherer Mietvertragsverhältnisse dann gegenüber dem aktuellen Mieter offenzulegen, wenn dieser eine entsprechende Auskunft verlangt. Die Auskunftspflicht besteht auch dann, wenn der Vermieter zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben hat, sich auf einen Ausnahmetatbestand berufen zu wollen. Das kann dazu führen, dass bei einer entsprechenden Aufforderung durch den Mieter oder den Dritten sich der Vermieter schadensersatzpflichtig allein durch eine Nichterfüllung oder nicht vollständige Erfüllung der Auskunftsansprüche macht.

Der Vermieter sollte im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietvertrags nicht nur der gesetzgeberischen Konzeption folgen und vor Abschluss des Mietvertrags lediglich diejenige Auskunft erteilen, die es ihm möglich macht, sich im laufenden Mietverhältnis auf eine bestimmte (zulässige) Miethöhe zu berufen (einfache Auskunftserteilung betreffend den geplanten Ausnahmegrund oder keine diesbezügliche Stellungnahme bei Nichtvorliegen einer Ausnahme), sondern einem etwaigen Auskunftsbegehren des Mieters vorgreifen und so früh wie möglich den vom Mieter möglicherweise geltend zu machenden Informationskatalog offenlegen.

Das dürfte für den Vermieter keinen besonders hohen Aufwand darstellen, da sich die Auskunft auf eine(n) Verneinung / Ausschluss vieler Merkmale bezieht.

Es ist somit – anders als im Fall der vorvertraglichen Auskunftsobliegenheit – nicht nur erforderlich, das gegebene Ausnahmemerkmal anzugeben, sondern auch die nicht vorliegenden Merkmale ausdrücklich als nicht gegeben mitzuteilen.

Eine somit gegebene – hier sogenannte – umfassende Auskunftserteilung hat für den Vermieter den Vorteil, dass er im laufenden Mietverhältnis

  • nicht mit Auskunftsbegehren des Mieters befasst sein muss,
  • nicht von der Conny GmbH oder anderen Gesellschaften mit Auskunftsbegehren belästigt wird,
  • sich keinen Schadensersatzforderungen aussetzt bzw. keiner Verletzung der Auskunftspflichten und nicht das Risiko eingeht, sich nicht auf eine der Ausnahmetatbestände rechtzeitig berufen zu können.

Eine umfassende Auskunftserteilung hätte zur Folge, dass das bislang sehr erfolgreiche Konzept der Conny GmbH einen erheblichen Rückschlag erleidet, da ein maßgeblicher Teil des Betätigungsfeldes der Rechtsverfolgungsgesellschaft entfällt.

Zudem dürfte ein solches umfassendes Auskunftsverhalten des Vermieters gegenüber dem zukünftigen Mieter einen positiven gesellschaftspolitischen Effekt erzeugen. Der (Bundes-)Gesetzgeber hätte keine Veranlassung, über Verschärfungen der Mietpreisbremse nachzudenken, wenn bei Abschluss des Mietvertrags dem Mieter aufgrund der Auskünfte eine Sicherheit betreffend die einzelnen Umstände bezüglich der Miethöhe gegeben wird.

Haus und Grund Berlin-Neukölln stellt im Rahmen des Verkaufs von Mietverträgen ein Formular für eine umfassende Auskunfts- und Informationserteilung zur Verfügung.

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