Bundesfinanzhof stärkt Vermietung unterhalb ortsüblicher Marktmiete

Wer zu einem Mietpreis, der weit unterhalb der ortsüblichen Marktmiete liegt, Wohnraum anbietet, muss unter Umständen eine Kürzung seiner im Zusammenhang mit der Vermietung anfallenden Werbungskosten hinnehmen. Aber welche Miethöhe ist eigentlich ortsüblich?

Ob die Werbungskosten voll geltend gemacht werden können, hängt allein davon ab, wie weit von der ortsüblichen Marktmiete abgewichen wird: Fordert der Vermieter weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, muss er für den vollen Werbungskostenabzug mit einer sogenannten Totalüberschussprognose seine Absicht, überhaupt Gewinn machen zu wollen, auf 30 Jahre in die Zukunft darlegen. Weicht sein Mietpreis mehr als 50 Prozent von der ortsüblichen Marktmiete ab, erfolgt in jedem Fall eine anteilige Kürzung der abziehbaren Werbungskosten. So die Rechtslage seit diesem Jahr, egal ob an Verwandte oder Fremde vermietet wird.

Finanzamt kürzte Werbungskosten
In einem konkreten Fall vermietete eine Eigentümerin eine im ersten Obergeschoss ihres Hauses gelegene Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 57 Quadratmetern mit Einbauküche unbefristet an ihre Tochter für monatlich 300 Euro zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 70 Euro. Im zweiten Obergeschoss vermietete sie eine weitere Wohnung von gleicher Größe und mit gleicher Ausstattung an einen fremden Dritten. Dieser Mieter zahlte monatlich 500 Euro zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 78 Euro. Das Finanzamt ermittelte auf der Basis des Vergleichs mit der für die Obergeschosswohnung gezahlten Miete von 578 Euro, dass die mit der Tochter vereinbarte Miete von 370 Euro nur 64 Prozent und damit weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete betrage. Deshalb kürzte das Finanzamt die von der Vermieterin erklärten Werbungskosten für die an ihre Tochter vermietete Wohnung und akzeptierte nur die anteiligen 64 Prozent. Die Rechtslage sah zu diesem Zeitpunkt noch eine automatische Kürzung des Werbungskostenabzugs vor.

Bundesfinanzhof forderte drei Vergleichswohnungen
Mit diesem Fall beschäftigte sich der Bundesfinanzhof (BFH). (1) Maßstab dafür, ob eine Miete sozusagen zu billig ist und damit zu einer Kürzung der abziehbaren Werbungskosten führt, ist die ortsübliche Marktmiete. Diese bestimmt sich grundsätzlich nach dem Mietspiegel. Kann ein Mietspiegel nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, gibt es drei gleichwertige Alternativen: Sachverständigengutachten, Mietdatenbank oder eben die Vergleichsmiete. Das Finanzamt hatte es sich hier aber zu einfach gemacht. Es kürzte den Werbungskostenabzug für die an die Tochter vermietete günstige Wohnung allein mit Hinweis auf die Miethöhe der einzigen anderen – fremdvermieteten – Wohnung im selben Haus. Das akzeptiert der BFH nun nicht mehr: Er fordert für die steuerliche Marktmieten-Ermittlung via Vergleichswohnung jetzt die Heranziehung von mindestens drei Wohnungen.

Fazit
„Finanzämter müssen es künftig sorgfältiger begründen, wenn sie Werbungskosten kürzen und können sich nicht mehr auf eine einzige Vergleichswohnung im selben Haus berufen. Unverständlich bleibt aber weiterhin, warum der Gesetzgeber die günstige Vermietung unterhalb des Ortsüblichen überhaupt durch die Kürzung der abziehbaren Werbungskosten wirtschaftlich erschwert, auch wenn eindeutig nur an fremde Dritte vermietet wird. Hier den Vermieter unter einen Generalverdacht der Steuergestaltung zu stellen, widerspricht der politischen Forderung nach mehr günstigem Wohnraum. Haus & Grund Deutschland wird sich deshalb weiter dafür einsetzen, die Kürzung der Werbungskosten bei privater Vermietung für Mietverträge mit fremden Dritten gänzlich zu streichen.“

BFH Urteil vom 22.02.2021 (IX R 7/20)

Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik Haus & Grund Deutschland

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