Bei Teileigentum gilt die Teilungserklärung – unabhängig von der gelebten Praxis

Was zum Sonder- oder Teileigentum gehört, ergibt sich aus der Teilungserklärung. Ob dies praktisch ist oder der tatsächlichen Nutzung entspricht, spielt hierbei keine Rolle.

Daher kann ein einzelner Wohnungseigentümer auch nicht eigenmächtig Gemeinschaftseigentum in sein Sonder- oder Teileigentum einverleiben, in dem er einfach eine Tür zumauert und so anderen Eigentümern den Zugang verwehrt. Dies hat das Landgericht Karlsruhe in seinem Urteil vom 17. März 2023 (11 S 49/21) klargestellt.

Die Aneignung

In einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gehörten einem Eigentümer verschiedene Räume im Kellergeschoss als Teileigentum. Diese Räume waren durch einen Flur voneinander getrennt. An einem Ende führte eine Tür zu einem weiteren Flur und am anderen Ende eine Tür zum Innenhof. Da praktisch niemand außer dem Teileigentümer den Flur nutzte und mit dieser Fläche seine Teileigentumsräume zu einer großen, verbundenen Einheit geformt würden, mauerte er kurzerhand die Tür zum anderen Flur zu und sperrte so die anderen Eigentümer aus. Diese waren von der eigenmächtigen Aktion alles andere als begeistert und verlangten, dass der Teileigentümer die neue Wand wieder einreißt. Da dieser sich aber weigerte, reichte die Gemeinschaft Klage gegen ihn ein.

Praktikabilität versus Recht

Die Richter ließen dem Teileigentümer diese eigenmächtige Aneignung ebenfalls nicht durchgehen, denn in der Teilungserklärung war der Flur keinem Sonder- oder Teileigentum zugeordnet und somit Gemeinschaftseigentum. Eine Gebrauchsregelung, nach der der Flur nur von dem Wohnungseigentümer genutzt werden durfte, war für die Richter auch nicht ersichtlich. Zumal ein solcher dauerhafter, ausschließlicher Gebrauch nicht durch eine einfache Gebrauchsregelung begründet werden kann. Eine entsprechende Vereinbarung, die in Ausnahmefällen möglich wäre, lag ebenfalls nicht vor. Auch ein von dem Wohnungseigentümer geltend gemachtes „faktisches Sondernutzungs- oder Alleinnutzungsrecht“ wollten ihm die Richter nicht zugestehen. Denn der Flur war vor dem Zumauern für alle Wohnungseigentümer von innen zugänglich und konnte für einen direkten Zugang zum Innenhof genutzt werden. Schließlich wiesen die Richter in ihrem Urteil den Teileigentümer noch darauf hin, dass die Vereinnahmung des Flurs auch nicht für eine bauliche Abgeschlossenheit seines Teileigentums notwendig war. Denn Sonder- oder Teileigentum kann sehr wohl an mehreren, in sich abgeschlossenen, aber nicht verbundenen Räumen bestehen.

Dem Wohnungseigentümer wurde daher vom Gericht aufgetragen, die neue Mauer wieder zu entfernen sowie die Türöffnung zu verputzen und zu streichen. Die vormals vorhandene Tür musste er jedoch nicht wieder einbauen, da die Gemeinschaft dies nicht von ihm verlangte.

Gerold Happ, Geschäftsführer Immobilien- und Umweltrecht Haus & Grund Deutschland

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