Abenteuer Schornsteinbau

Haus & Grund-Mitglied Roland Nonnenmacher hat sich den Traum von einem Kaminofen erfüllt. Doch zunächst musste er dafür nachträglich einen Schornstein einbauen lassen. Anfang 2022 begann er zu planen – es folgte ein längerer Prozess mit vielen Erkenntnisgewinnen.

Sein freistehendes Neubau-Einfamilienhaus in Berlin-Lübars bezog Roland Nonnenmacher mit seiner Familie im Jahr 2017. Damals hatten sie sich für eine Gasheizung entschieden; an einem Kaminofen bestand zu dieser Zeit noch kein Interesse. Dies änderte sich schlagartig Anfang 2022 mit Russlands Aufmarsch zum Angriffskrieg auf die Ukraine.

Nonnenmacher ahnte schon früh, dass dieser Krieg dramatische Auswirkungen auf die Gaspreise haben könnte. Der Wunsch: Ein Kaminofen, der mit Holzscheiten bestückt wird und den Wohn- und Küchenbereich seines Hauses mit alternativer Wärme versorgt. Schließlich macht diese Lösung ein Stück weit unabhängiger von russischem Gas.

Eingeschränkte Standortwahl
Doch wo sollte der Kamin stehen? Die Inneneinrichtung des Hauses war längst abgeschlossen, und eigentlich kam nur ein einziger Platz für die Aufstellung des Kaminofens infrage, und zwar im Wohn-Ess-Bereich zwischen zwei Fenstern. Also machte sich Nonnenmacher an die Planung und nahm Kontakt zu Schornsteinbauer und Bezirksschornsteinfeger auf. Hier erfuhr er, dass sich die Rechtslage zum 1. Januar 2022 geändert hatte.

Welche Anforderungen ein Schornstein nämlich erfüllen muss, ist in der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) festgehalten. Als Steuerrechtsexperte und juristisch versierter Laie nahm sich Nonnenmacher die Neufassung vor und stellte dabei zunächst fest, dass die Mündung der Schornsteine von neuen Öfen und Kaminen firstnah angeordnet werden und den Dachfirst um mindestens 40 Zentimeter überragen soll (§ 19 Absatz 1 Satz 1 bis 3). Diese Maßgabe schränkt die Möglichkeiten zur Platzierung eines Kaminofens innerhalb des Gebäudes stark ein.

Firstnahe Anbringung unmöglich
Im Fall von Nonnenmacher war die firstnahe Anordnung schier unmöglich: Die fast quadratische Form des Hauses mit einer geringen Dachneigung gibt nämlich keinen First her. „Man könnte bestenfalls von einem Stummelfirst sprechen“, so Nonnenmacher. Für solche Fälle sieht die 1. BImSchV eine Alternative vor: den Schornstein nach VDI-Norm zu bauen (§ 19 Absatz 1 Satz 4 und 6). „Da hat mein Schornsteinbauer allerdings gleich abgewinkt“, so Nonnenmacher. „Dies würde zu einem unverhältnismäßig großen, sehr teuren Schornstein führen“.

Es blieb die dritte und letzte Option: Denn die Verordnung sieht auch vor, dass bei vor dem 1. Januar 2022 errichteten Gebäuden im Falle der Unverhältnismäßigkeit der ersten und zweiten Option die Anwendung der Altregelung möglich sei. Was unter dieser bis Ende 2021 geltenden Regelung erlaubt ist, wird in § 19 Absatz 2 dargelegt. In Nonnenmachers Fall wäre der horizontale Abstand des Schornsteins zum Dach von 2,30 Metern einschlägig.

Wer entscheidet über die Unverhältnismäßigkeit?
Blieb nun die Frage, wer eigentlich über Ausnahmen entscheiden darf. Der Gesetzestext gibt darauf keinen eindeutigen Hinweis. Auf schriftliche Nachfrage beim Bezirksschornsteinfeger verwies dieser an das zuständige Bauamt. Doch als Hobby-Jurist auf Mission in eigener Sache hat Nonnenmacher den Gesetzgebungsvorgang genauer unter die Lupe genommen. So fand er in der Begründung der Verordnung der Bundesregierung eine eindeutige Passage, dass auch der Bezirksschornsteinfeger über Ausnahmen beim Schornsteinbau entscheiden könne. Im Wortlaut heißt es:

„Nach § 19 Absatz 1 Satz 7 kann die Ableitung der Abgase einer neu zu errichtenden Feuerungsanlage für feste Brennstoffe in bestehenden Gebäuden nach Absatz 2 erfolgen, wenn die Anwendung des Absatzes 1 einen unverhältnismäßig hohen Aufwand darstellen würde. Während für eine Ausnahme nach § 22 der 1. BImSchV ein Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt werden muss, kann der Ausnahmetatbestand in Satz 7 nach Beratung durch und in Absprache mit dem/der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger*in in Anspruch genommen werden.“

Daraufhin schrieb Nonnenmacher die Berliner Schornsteinfegerinnung an. Und siehe da – auch diese hat nach Begutachtung der Angelegenheit grünes Licht für die Prüfung durch den Bezirksschornsteinfeger gegeben. Letzterer stand jedoch seinen – bislang ungeahnten – Kompetenzen weiterhin skeptisch gegenüber.

Antrag beim Bauamt stets möglich
Parallel dazu hat Nonnenmacher den Weg über das Bauamt gewählt, um dort eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Schließlich darf man diese nach § 22 stets stellen. Nach Einreichung von Grundrissen, Skizzen, einer ausführlichen Begründung und etlichen Telefonaten mit dem Bauamt nahm die Prüfung zwar einige Zeit in Anspruch, doch schlussendlich wurde sein Schornstein auf diese Weise genehmigt.

Nachdem die Ausnahmegenehmigung vom Bauamt vorlag, meldete sich auch der Bezirksschornsteinfeger noch einmal. Dieser hatte inzwischen Post von seiner Innung bekommen, in der die Möglichkeiten zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen ausdrücklich beschrieben wurde.

Feuer frei
Nach etwa zehn Monaten der Planung und Verhandlungen mit Schornsteinbauer, Schornsteinfeger, Innung und Bauamt war es Ende des Jahres 2022 endlich so weit: Der Kamin wurde angefeuert. Nun kann Nonnenmacher mit seiner Familie die alternative Wärme genießen und fühlt sich besser auf etwaige Gasmangellagen vorbereitet. Die Regelungen hätte er sich allerdings etwas einfacher und durchschaubarer erhofft: „Ich hätte mir von Anfang an mehr Klarheit gewünscht, wer für die Durchführung der neuen Bundesimmissionsschutzverordnung zuständig ist“, so sein Fazit. Schlussendlich war es ein längerer Prozess mit vielen Erkenntnisgewinnen – und Happy End, resümiert Nonnenmacher schmunzelnd.

Hinweis Auch wenn der Gesetzgeber es offenbar so vorgesehen hat, dass die Ausnahmegenehmigung auch durch den Bezirksschornsteinfeger erteilt werden darf, so scheint dies in einigen Bundesländern noch ungeklärt zu sein und könnte eventuell auch anders gehandhabt werden. Im Zweifelsfall bleibt der Weg über das zuständige Bauamt.

Anna Katharina Fricke, Referentin Presse und Kommunikation Haus & Grund Deutschland

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