Der Fall: Am 4. März 2022 fand eine Eigentümerversammlung unter den pandemiebedingten 2G-Regeln (geimpft oder genesen) statt. Die Klägerin, die diese Bedingungen nicht erfüllte, verlangte die Annullierung der Versammlung. Es lag ein Grundlagenbeschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) zur Abhaltung von Hybridversammlungen vor. Dennoch wurde die Versammlung ausschließlich in Präsenz abgehalten. Die Klägerin focht die Beschlüsse an und argumentierte, die Einladung beinhalte Ladungsfehler, da keine Möglichkeit zur hybriden Teilnahme angeboten wurde.
Entscheidungsgründe
Der BGH entschied zugunsten der Verwalterin und stellte klar, dass ein Grundlagenbeschluss gemäß § 23 Absatz 1 Satz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zwar Wohnungseigentümern die Möglichkeit einer hybriden Teilnahme an Eigentümerversammlungen einräumt, jedoch keine Verpflichtung des Verwalters begründet, diese Teilnahmeoption proaktiv anzubieten. Der Verwalter ist berechtigt, abzuwarten, bis ein Wohnungseigentümer explizit eine Online-Teilnahme verlangt und muss diese Möglichkeit nicht von sich aus in der Einladung erwähnen oder umsetzen. Das Fehlen einer hybriden Teilnahmeoption führe nicht zu einem Ladungsmangel. Schließlich wies der BGH darauf hin, dass Verstöße gegen Vorschriften zur Ladung im Regelfall lediglich die Anfechtbarkeit, nicht jedoch die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse zur Folge haben.
Abgrenzung zur reinen Online-Versammlung
Nach § 23 Absatz 1 Satz 2 WEG können hybride Versammlungen auf Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses stattfinden, bei denen einzelne Wohnungseigentümer online teilnehmen. Dabei bleibt der Ort der Versammlung der Präsenzort. Reine Online-Versammlungen hingegen wurden erst zum 17. Oktober 2024 mit der Regelung des § 23 Absatz 1a WEG eingeführt. Sie setzen einen Beschluss der Wohnungseigentümer voraus, der mit einer Dreiviertelmehrheit gefasst wird und regelmäßig erneuert werden muss. Anders als bei der hybriden Veranstaltung führt bei der reinen Online-Versammlung nach § 23 Absatz 1a WEG ein Verstoß gegen die zugrunde liegende Beschlussfassung in der Regel zur Nichtigkeit der Beschlüsse. Faktisch dürfte es gar nicht erst zu Beschlüssen kommen, wenn die Wohnungseigentümer im Vorfeld nicht darüber informiert wurden, wie sie online an der Eigentümerversammlung partizipieren können.
Kommentar
Das Urteil stärkt die Rechtsposition der Verwalter und reduziert ihren organisatorischen Aufwand. Die Verantwortung für die Aktivierung hybrider Formate liegt eindeutig bei den Wohnungseigentümern, die ihr Recht auf Online-Teilnahme aktiv geltend machen müssen. Sofern kein rechtzeitiger Antrag gestellt wird, bleibt die Präsenzversammlung der Regelfall. Von zentraler Bedeutung ist mithin die Unterscheidung zwischen hybriden und reinen Online-Versammlungen. Während hybride Versammlungen stets an einen physischen Präsenzort gebunden sind, entfällt dies bei reinen Online-Versammlungen gemäß § 23 Absatz 1a WEG, welche jedoch einen Beschluss mit Dreiviertelmehrheit erfordern. Die strenge Differenzierung und Überprüfung der jeweiligen Beschlusskompetenz ist empfehlenswert, um mögliche Rechtskonflikte und Ladungs- sowie Beschlussmängel zu vermeiden.