Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) von 2020 beschließt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) nicht mehr über den Wirtschaftsplan, sondern nur noch über die Vorschüsse. Nun sind diese Beschlüsse die Rechtsgrundlage für die Leistung der Vorschüsse. Daher hat der BGH mit Urteil vom 20. September 2024 (V ZR 235/23) entschieden, dass auch diese Beschlüsse bei berechtigten Zweifeln an ihrer Wirksamkeit durch Zweitbeschlüsse ersetzt werden können. Dies gilt auch dann, wenn für die entsprechenden Jahre bereits eine Jahresabrechnung erstellt und eine Beschlussfassung über Nach- und Rückzahlungen (Abrechnungsspitzen) gefasst wurde. Denn mit diesen Beschlüssen werden nur die Rechtsgrundlagen für die Abrechnungsspitzen geschaffen, aber keine rechtliche Legitimation für die bereits geleisteten Vorschüsse.
Der Fall
In einer GdWE sind in der Vergangenheit Wirtschaftspläne beschlossen worden, ohne dass alle Eigentümer zu den jeweiligen Versammlungen eingeladen wurden. Da eine nicht eingeladene Eigentümerin die Vorschüsse nicht zahlte, klagte die Gemeinschaft die ausstehenden Beträge ein. Die Eigentümerin berief sich aufgrund der unterbliebenen Einladung auf die Nichtigkeit der Beschlüsse, und die Parteien schlossen einen gerichtlichen Vergleich. Später verkaufte die Eigentümerin. Die Gemeinschaft beschloss nun (erneut) die Vorschüsse, die sich aus den alten Wirtschaftsplänen ergaben, und forderte diese von der neuen Eigentümerin ein. Die alte und die neue Eigentümerin klagten gegen diese Beschlüsse, weil sie eine erneute Beschlussfassung nach den damaligen Genehmigungen der jeweiligen Jahresabschlüsse für unwirksam hielten.
(K)eine Frage der Kompetenz
Die BGH-Richter folgten dem nicht. Sie betonten, dass es grundsätzlich möglich sei, mehrfach über Angelegenheiten der Gemeinschaft zu beschließen. Dies gelte auch für Vorschüsse nach Beschlussfassung über die sich aus den jeweiligen Jahresabrechnungen ergebenden Abrechnungsspitzen. Allerdings gelten hier die Einschränkungen, dass es sich um einen bestätigenden Zweitbeschluss handeln muss und Zweifel an der Wirksamkeit des Erstbeschlusses bestanden, die zwischenzeitlich ausgeräumt wurden, oder dass sich die darauf bezogenen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände geändert haben. Diese Einschränkungen beträfen aber nicht die Beschlusskompetenz, sondern nur die Ordnungsmäßigkeit der Zweitbeschlüsse. Mit anderen Worten: Zweitbeschlüsse fassen dürfen die Wohnungseigentümer immer, es kann aber sein, dass diese unwirksam sind.
Eigentümerwechsel
Der BGH entschied weiter, dass auch ein zwischenzeitlicher Eigentümerwechsel die Kompetenz zur Fassung eines Zweitbeschlusses über Vorschüsse nicht entfallen lasse. Die Richter wiesen explizit darauf hin, dass es hierdurch auch zu einer Haftung eines Wohnungseigentümers für Rückstände seines Rechtsvorgängers kommen könne.